Es gibt Neues zur AstraZeneca-Impfung und den Hirnvenenthrombosen. Forscher haben nun untersucht, ob Betroffene ohne Risiko ein zweites Mal geimpft werden können.
„Die gefährlichen Anti-PF4-Antikörper, die zu Hirnvenenthrombosen nach einer AstraZeneca-Impfung gegen COVID-19 führen können, verschwinden bei den meisten Patienten innerhalb von drei Monaten wieder. Die Betroffenen können ohne Risiko ein zweites Mal geimpft werden, ohne dass die Antikörper wieder gebildet werden“, informierte der Leiter der Abteilung für Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald, Prof. Andreas Greinacher. „Daher ist ein Abstand zur Zweitimpfung von drei Monaten klar zu empfehlen.“ Die Wissenschaftler haben im New England Journal of Medicine ihre neuen Erkenntnisse zu seltenen Hirnvenenthrombosen nach einer AstraZeneca-Impfung veröffentlicht.
„Betroffene sind nicht langfristig gefährdet, immer wieder neue Thrombosen zu bekommen. Die Antikörper aktivieren die Blutgerinnung nur eine kurze Zeit nach der Impfung. Dies ist eine unglaublich gute Nachricht für alle Betroffenen und ihre Familien“, betonte die Erstautorin Dr. Linda Schönborn die Bedeutung der neuen Erkenntnisse. „Menschen, die nach der ersten Impfung die schwere Nebenwirkung Vakzin-induzierte Immunthrombozytopenie und Thrombosen (VITT) entwickelt haben, können ein zweites Mal geimpft und so vor COVID-19 geschützt werden.“
Auf der Basis der Untersuchungen der Arbeitsgruppe des Transfusionsmediziners Greinacher und des Experten für Bioinformatik in Greifswald, Prof. Lars Kaderali, wurden viele der betroffenen VITT-Patienten bereits ein zweites Mal geimpft, um einen vollen Schutz gegen COVID-19 zu erhalten. Bei keinem hat die zweite Impfung mit einem mRNA-Impfstoff von Biontech Pfizer oder Moderna zu Komplikationen geführt. „Diese Ergebnisse sind weltweit von größter Bedeutung. In den meisten Ländern stehen nur die Adenovirus-basierte Impfstoffe, wie die Impfstoffe von AstraZeneca oder Johnson & Johnson, zur Verfügung“, so Greinacher.
Erstautorin Dr. Linda Schönborn ist Stipendiatin des 2008 ins Leben gerufenen Greifswalder Gerhard-Domagk-Nachwuchsförderprogramms. „Wir sind stolz auf unsere Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler“, so der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Greifswald, Prof. Karlhans Endlich. „Die konsequente Förderung ist enorm wichtig, um auch weiterhin Forschung auf hohem Niveau betreiben und Fortschritte in der Medizin erzielen zu können.“
Bereits im März dieses Jahres hat die Arbeitsgruppe um Greinacher die Ursachen für die Entstehung von Hirnvenenthrombosen nach einer COVID-19-Impfung aufgeklärt, einen Labortest zum Nachweis sowie eine Behandlungsmöglichkeit entwickelt. Die Ursache für die schwere Impfnebenwirkung VITT sind Antikörper gegen das Thrombozytenprotein Plättchenfaktor 4 (PF4), die die Blutgerinnung stark aktivieren. Die Antikörper werden durch Bestandteile im Impfstoff, die sich an PF4 binden, ausgelöst. Diese Ergebnisse wurden mittlerweile von mehreren Arbeitsgruppen international bestätigt.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Greifswald. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Marukus Spiske, unsplash