Wissenschaftler haben einen Faktor identifiziert, der Metastasen einen guten Nährboden zum Wachsen bietet. Die gezielte Blockade des Faktors könnte einen Durchbruch bedeuten.
Bösartige Tumoren breiten sich aus, indem im Blutkreislauf zirkulierende Tumorzellen die Organe erreichen und dort Metastasen bilden. Ob die Zellen wirklich zu einer Metastase auswachsen, hängt dabei stark von den Eigenschaften der lokalen Umgebung ab.
Bislang war wenig darüber bekannt, was die Mikroumgebung einer abgesiedelten Tumorzelle – die metastatische Nische – fruchtbar macht und welche Rolle der Primärtumor dabei spielt. Ein Forscherteam untersuchte daher an Mäusen, deren Primärtumoren operativ entfernt wurden, wie sich Metastasen ohne Primärtumor verhalten.
„Durch diesen Eingriff konnten wir erstmals unterscheiden, welche Eigenschaften der metastatischen Nische vom weit entfernten Primärtumor gesteuert und welche lokal reguliert werden“, erklärt Erstautor Hellmut Augustin.
Mit besonderem Fokus auf die Lunge führten die Forscher globale Genexpressionsanalysen der metastatischen Nische durch. Dabei entdeckten sie, dass die Endothelzellen – in Anwesenheit eines Primärtumors – in großen Mengen das Protein LRG1 produzieren. „Die Blutgefäße bildeten LRG1 ausschließlich in Gegenwart des Primärtumors, was das Wachstum von nahegelegenen Bindegewebszellen in der Lunge stimuliert. Dadurch entsteht eine das Wachstum von Tumorzellen fördernde Mikroumgebung (Nische), in der sich zirkulierende Tumorzellen niederlassen und zur Lungenmetastase auswachsen können“, sagt Forscher Mahak Singhal.
„Damit haben wir erstmals bewiesen, dass die metastasenfördernde Wirkung der Nische über weite Entfernung durch den Primärtumor ausgelöst wird.“ Von einer gewissen Größe an wirken die Metastasen dann selbst wie ein Primärtumor und fördern erneut die Bildung von LRG1.
Tatsächlich gelang es den Wissenschaftlern, das metastatische Wachstum von Tumoren zu verlangsamen, indem sie das LRG1 mit einem Antikörper blockierten. Weiterhin stellten die Forscher fest, dass LRG1 nicht nur von Blutgefäßen lokal an der Metastasierungsstelle produziert wurde, sondern dass es von Endothelzellen im gesamten Körper gebildet wurde. So konnte das metastasenfördernde Molekül sogar direkt in Blutproben nachgewiesen werden.
„Wir können nun zum einen das von den Endothelzellen produzierte LRG1 als Biomarker nachweisen, der auf einen metastasierenden Tumor hindeutet. Darüber hinaus wollen wir LRG1 als Zielstruktur für neue Therapieansätze validieren, die möglichweise die metastatische Ausbreitung von Tumoren aufhalten können“, fasst Studienleiter Hellmut Augustin die aktuellen Ergebnisse zusammen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Daniel Öberg, unsplash.