Gute Pflege bedeutet für Anja Wesemann vor allem eines: Mit den Patient:innen in Kontakt zu sein. Doch, leichter gesagt als getan: Im hektischen Berufsalltag bleibt für die Verbindung zu den Betroffenen oft wenig Zeit. Dabei kann es für die Therapieadhärenz eine wichtige Rolle spielen, den Patient:innen nahe zu sein.
Aber was bedeutet Adhärenz überhaupt? Ist das nicht das Gleiche wie die Compliance? In den Augen der onkologischen Fachpflegekraft nicht. Die Diplom-Pflege- und Gesundheitswissenschaftlerin differenziert an dieser Stelle: „Adhärent ist für mich ein:e motivierte:r Patient:in. Jemand, der weiß, was die verordnete Therapie für ihn oder sie bedeutet, der weiß was zu tun ist, wenn Probleme auftreten und sich nicht nur an die Therapievorgaben des behandelnden Mediziners oder der Medizinerin hält, sondern auch mit Elan bei der Sache ist. Ein:e Compliance-Patient:in hingegen mag therapietreu sein, macht jedoch nur, was im Medikamentenplan steht. Denn er oder sie kann nicht bewusst unterscheiden, wann möglicherweise in Kontakt mit dem Arzt, der Ärztin oder dem Krankenhaus getreten werden sollte.“ Ein deutlicher Unterschied also, der jedoch zu einer besseren Prognose beitragen kann.
Doch worauf sollte man achten, um einschätzen zu können, wie adhärent der Patient oder die Patientin ist? Die Lösung ist in Wesemanns Augen eine (theoretisch) leichte: Kommunizieren und mit den Patient:innen in den Dialog treten. Im Berufsalltag kann das allerdings schnell in den Hintergrund rücken. Deshalb setzt sich Wesemann dafür ein, sich an einen simplen Dreiklang zu halten: Wissen, Handlung und Kompetenzen der Patient:innen zu erfragen. Bei Bedarf kann dann an den nötigen Stellen nachgearbeitet und fokussiert beraten werden. Wichtig sei ihr dabei, dass man als Pflegekraft die Patient:innen nicht nur motiviert, sondern ihnen auch vieles erklärt und sie stets individuell betrachtet. Körperliche, psychische und soziale Faktoren sollten in Erfahrung gebracht und behutsam abgeklopft werden. Einfacher gesagt als getan – aber jede Mühe wert.
→ Wenn Sie mehr über Anja Wesemann und ihre Tipps zur Förderung von Therapieadhärenz erfahren möchten, hören Sie einfach in Folge #21 unseres Podcasts „Pflege für die Ohren“ rein.
→ Noch nicht genug? Zum Thema Adhärenz bei hämatologischen Erkrankungen haben wir Pflegepädagoge Mirko Laux – bekannt aus „Resilienz und Stressreduktion“ und „Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR)“ – und Psychotherapeutin Christina Demmerle in den Folgen #45 und #46 interviewt.
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