Die chronische Graft-versus-Host-Krankheit ist eine Hauptkomplikation nach einer allogenen Stammzelltransplantation. In einer großen Phase-III-Studie wurde jetzt Ruxolitinib als Therapieoption bewertet.
Infolge der allogenen Stammzelltransplantation tritt bei etwa 30 % bis 70 % der Patienten eine chronische Graft-versus-Host-Krankheit (GvHD) auf. Standardtherapie sind systemische Glukokortikoide, aber bei der Hälfte der Betroffenen entwickelt sich eine glukokortikoidrefraktäre oder glukokortikoidabhängige chronische GvHD.
Obwohl für eine Zweitlinientherapie mehr als zehn mögliche Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen, ist die chronische, steroidrefraktäre oder steroidabhängige GvHD immer noch eine Hauptursache für nicht rezidivbedingte Todesfälle bei Patienten nach allogener Stammzelltransplantation.
Präklinische Studien haben bereits gezeigt, dass die Januskinase-1 und -2-Signalübertragung eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf der GvHD spielen. Es lag also nahe, Januskinase-Inhibitoren bei dieser Erkrankung zu evaluieren.
Ruxolitinib – ein Inhibitor der Januskinasen JAK1 und JAK2 – wurde bereits im Mausmodell getestet und war dort bei chronischer GvHD wirksam. Darüber hinaus hatten die Phase-II-Studie REACH1 und die Phase-III-Studie REACH2 gezeigt, dass Ruxolitinib bei der Behandlung von Patienten mit akuter GvHD hohe Ansprechraten und eine signifikante Verbesserung der Symptome. Bei akuter GvHD wurde das Präparat daraufhin zugelassen.
Das längerfristige größere Problem ist aber die chronische GvHD. Hier wurde jetzt in der randomisierten, multizentrischen Phase-III-Studie REACH3 die Wirksamkeit und Sicherheit von Ruxolitinib gegenüber den gängigsten Zweitlinientherapien getestet.
Insgesamt haben 329 Patienten ab 12 Jahren mit mittelschwerer oder schwerer glukokortikoidrefraktärer oder -abhängiger chronischer GvHD an der Phase-III-Studie teilgenommen. Die Patienten wurden entweder mit Ruxolitinib (165) oder mit einer Kontrolltherapie (164) behandelt. Die Therapie in der Kontrollgruppe war nicht vorgeschrieben, am häufigsten kamen eine extrakorporale Photopherese, Mycophenolat mofetil sowie der Tyrosinkinase-Hemmer Ibrutinib zum Einsatz
Nach 24 Wochen wurde als primärer Endpunkt das Gesamtansprechen auf die Therapie bewertet. Sekundäre Endpunkte waren die Bewertung des „versagensfreien“ Überlebens– kein Rezidiv der Grunderkrankung, keine neue systemische GvHD Therapie und kein Tod – und der Verbesserung der Symptome. Letztere wurde anhand einer modifizierten Lee-Symptom-Skala definiert, welche die Symptome der Krankheit auf einer Skala von 0 (keine Symptome) bis 100 (schwere Symptome) misst.
Das Gesamtansprechen in Woche 24 (der primäre Endpunkt) war unter Ruxolitinib signifikant (49,7 %) höher als unter der Kontrolltherapie (25,6 %), unabhängig von den beteiligten Organen. Insgesamt 11 Patienten (6,7 %) in der Ruxolitinib-Behandlungsgruppe und 5 (3,0 %) in der Kontrollgruppe hatten ein vollständiges Ansprechen.
Auch bei den sekundären Endpunkten zeigte sich Ruxolitinib als vielversprechende Therapie. Patienten, die Ruxolitinib erhielten, hatten im Vergleich ein längeres versagenfreies Überleben (> 18,6 Monate zu 5,7 Monaten). Auch die Symptome bei den mit Ruxolitinib behandelten Patienten waren stärker reduziert als in der Kontrollgruppe: 24,2 % zeigten ein symptomatisches Ansprechen gemäß Endpunktdefinition, gegenüber 11 % in der Kontrolgruppe.
Erkauft wurde der bessere Therapieerfolg mit einer gewissen Zunahme unerwünschter Ereignisse (UAW). UAW jeglichen Grades traten bei 97,6 % der Patienten in der Ruxolitinib-Gruppe und bei 91,8 % in der Kontrollgruppe auf. UAW ab Grad 3 unterschieden sich nicht (57,0 % zu 57,6 %), in der Ruxolitinib-Gruppe gab es hier gegenüber der Kontrollgruppe eine höhere Prävalenz bei Thrombozytopenie (15,2 % zu 10,1 %), Anämie (12,7 % zu 7,6 %) und Neutropenie (bei 8,5 % zu 3,8 %).
Insgesamt 16,4 % der Patienten im Ruxolitinib-Arm und 7,0 % der Patienten im Kontroll-Arm brachen die jeweilige Behandlung wegen UAW ab. Einer der Gründe waren dabei klinisch dokumentierte Pneumonien, die bei 4,8 % gegenüber 1,3 % der Patienten auftraten. 18,8 % der Ruxolitinib-Patienten gegenüber 16,5 % der Patienten in der Kontrollgruppe verstarben im Studienzeitraum, bei 13,3 % vs. 7,9 % waren es Komplikationen von entweder GvDH oder Therapie oder beidem.
Insgesamt demonstriert die REACH3-Studie nach Auffassung der Studienautoren die Überlegenheit von Ruxolitinib gegenüber anderen Zweitlinienoptionen bei der chronischen, glukokortikoidrefraktären GvDH. Sie weisen auch darauf hin, dass die Patienten im Ruxolitinib-Arm weniger Glukokortikoide benötigten. Die Unterschiede bei den Abbruchraten interpretieren die Autoren als eine statistische Verzerrung.
Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Yasin Arıbuğa, Unsplash