Die neue Corona-Variante C.1.2 sorgte in den letzten Tagen für beunruhigende Schlagzeilen. Doch ist sie tatsächlich so bedrohlich? Wir haben uns die verantwortliche Studie genauer angeschaut.
Eine neue Variante hat in den letzten Tagen einige Schlagzeilen gemacht und in der wissenschaftlichen Community zur Diskussion angeregt. Den Grund dafür lieferte eine kürzlich veröffentlichte preprint-Studie, die die Variante C.1.2 beschreibt. Erstmals wurde sie im Mai 2021 identifiziert und evolvierte sich aus C.1 – eine Variante, die die erste SARS-CoV-2-Welle in Südafrika dominierte. Mittlerweile wurde C.1.2 nicht nur in großen Teilen von Südafrika nachgewiesen, sondern auch in sieben weiteren Ländern, die sich über Afrika, Europa, Asien und Ozeanien erstrecken. Ist die Variante tatsächlich infektiöser? Und schützt uns die Impfung überhaupt noch? Schauen wir uns die Studie mal genauer an.
Die besagte Variante scheint über alle bisher bekannten Variants of Concern (VOC) und Variants of Interest (VOI) hinaus stark mutiert zu sein. Im Vergleich zum ursprünglichen Wuhan-Hu-1-Virus weist sie zwischen 44 und 59 Mutationen auf. Wirft man einen näheren Blick auf den Stammbaum, scheint die VOI Lambda noch am nächsten zu C.1.2 zu sein.
Zudem weisen die Autoren darauf hin, dass es meist eine zeitliche Verzögerung von zwei bis vier Wochen zwischen Probennahme und Veröffentlichung der Sequenzierungsdaten gibt. Dies könnte zu einer möglichen Unterrepräsentation der weltweiten Verbreitung und Häufigkeit von C.1.2 führen. In diesem Zusammenhang betonen die Forscher jedoch die konstante Zunahme der C.1.2-Nachweise in Südafrika: im Mai machte C.1.2 noch 0,2 Prozent (2/1054) der sequenzierten Genome aus, im Juni stieg dies auf 1,6 Prozent (25/2177) und im Juli auf 2,0 Prozent (26/1326), ähnlich zu den Anstiegen von Beta und Delta in Südafrika während ihrer frühen Ausbreitungsphasen.
Für die Auswertung standen den Forschern etwa 54 vollständige Sequenzen des Virus zur Verfügung. Jedoch schreiben sie, dass zur Zeit der Einreichung des Papers (20. August) die Anzahl auf 80 vollständige verfügbare Sequenzen gestigen sei.
Die Forscher ermittelten zudem eine Mutationsrate von 41,8 Mutationen pro Jahr, was etwa 1,7-Fach schneller sein soll als die globale Mutationsrate von SARS-CoV-2, sowie 1,8-Fach schneller als die erste geschätzte Mutationsrate für die SARS-CoV-2-Evolution. Etwa 52 Prozent der Mutationen im Spike-Protein von C.1.2 wurden bereits in anderen VOCs und VOIs beschrieben, darunter D614G, E484K und N501Y, welche unter anderem in Beta, Gamma und Alpha identifiziert wurden. Die T478K-Substitution wurde ebenfalls in C.1.2-Sequenzen beschrieben, aber auch in Delta. Die aufgetretenen Mutationen N440K und Y449H werden zudem mit Immunevasion assoziiert. Als auffällige C.1.2-spezifische Mutationen wurden C136F in der N-terminalen Domäne (NTD) und Y449H in der rezeptorbindenden Domäne (RBD) gefunden, sowie N679K angrenzend an die Furin-Spaltungsstelle.
Dabei wird betont, dass diese Kombination aus Mutationen mit diversen weiteren Änderungen zu Immunevasion, sowie besserer ACE2-Bindung oder Furin-Spaltung führen könnten, was die Wirkung von aktuell erhältlichen COVID-19-Impfstoffen möglicherweise beeinträchtigen könnte, insbesondere in bereits Immunsupprimierten.
Die Autoren folgern anhand ihrer Ergebnisse, dass weitere Arbeiten erforderlich seien, um die genauen Auswirkungen dieser Mutationen zu verstehen und um zu beurteilen, ob sie der C.1.2-Variante einen tatsächlichen Fitness-Vorteil gegenüber der Delta-Variante verschaffen.
Im Klartext: Über die tatsächliche Gefahr, die von der aktuell prominenten Variante ausgeht, kann noch nichts genaues gesagt werden. Wichtig ist, diese Variante auch im Auge zu behalten, sowie Maßnahmen beizubehalten bzw. zu treffen, die eine weitere Ausbreitung und somit weitere konstante Mutationen größtmöglich einschränken.
Maria Van Kerkhove, Epidemiologin und Technische Leiterin der MERS-CoV-Abteilung bei der WHO, äußerte sich ebenfalls zur Variante via Twitter: „Denkt zunächst daran, dass je mehr sich das Virus ausbreitet, desto mehr Möglichkeiten hat es, sich zu verändern. Wir haben die Werkzeuge, um Infektionen zu verhindern, die Ausbreitung zu reduzieren und Leben zu retten – lasst sie uns nutzen.“ Im weiteren Verlauf erklärt sie, dass C.1.2 aktuell nicht vermehrt im Umlauf zu sein scheint, jedoch mehr Sequenzierungen weltweit durchgeführt und mit der Öffentlichkeit geteilt werden müssten. Zusätzlich unterstreicht sie, dass die Delta-Variante immer noch alle verfügbaren Sequenzen dominiere.
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