Eine Corona-Infektion könnte einen besseren Schutz vor der Delta-Variante als die Biontech-Impfung bieten. Das zeigt eine israelische Studie. Also auf zur Infektions-Party? Lieber nicht.
Für die Studie untersuchte das Team um Patalon et al. die Krankenakten von knapp 800.000 Israelis, die in drei Gruppen aufgeteilt wurden. Zur ersten gehörten Menschen, die beide Dosen des Biontech-Impfstoffs erhalten hatten und nie an COVID erkrankt waren. In der zweiten Gruppe waren ungeimpfte Personen, die zuvor infiziert waren, und zur dritten gehörten jene, die bereits infiziert waren und eine Einzeldosis des Impfstoffs erhalten hatten. Nach Angaben der Studienleiter handelt es sich um die bisher größte Beobachtungsstudie zum Vergleich der natürlichen und der durch Impfung hervorgerufenen Immunität gegen SARS-CoV-2.
Aus der Analyse geht hevor, dass Personen, die im Januar und Februar geimpft wurden, ein halbes Jahr später ein 6- bis 13-mal höheres Risiko hatten, sich zu infizieren, als ungeimpfte Personen, die zuvor mit dem Coronavirus infiziert waren. Das Risiko, an symptomatischem COVID-19 zu erkranken, war laut der Analyse unter den Geimpften 27-mal höher und das Risiko einer Krankenhauseinweisung 8-mal höher.
Diese Ergebnisse scheinen erste Vermutungen, die nach Laborergebnissen aufgestellt wurden, zu bestätigen. In Nature etwa erschien kürzlich eine Studie, die zeigte, dass Menschen mit einer früheren SARS-CoV-2-Infektion eine besonders starke Immunantwort auf eine nachfolgende einmalige Impfung entwickeln. Bei einer durch die Infektion erworbenen Immunität erhöht eine einzige Impfdosis die Antikörperzahl auf ein Niveau, welches dem von zweimalig geimpften Personen entspricht oder oft sogar noch höher ist.
„Es ist ein Musterbeispiel dafür, dass die natürliche Immunität besser ist als eine Impfung“, erklärt Charlotte Thålin, Ärztin und Immunologin am Danderyd-Krankenhaus und am Karolinska-Institut, die sich mit der Immunantwort auf SARS-CoV-2 beschäftigt. „Meines Wissens ist dies das erste Mal, dass dies im Zusammenhang mit COVID-19 wirklich gezeigt wurde.“ Dennoch betont sie, dass eine absichtliche Infektion ungeimpfter Menschen ein erhebliches Risiko für eine schwere Erkrankung und den Tod oder für Long Covid sind.
Die Studie hat zudem einige Limitationen. Eine wichtige ist, dass die Personen nicht regelmäßig getestet wurden, da es sich um eine retrospektive Studie handelt. So blieben möglicherweise asymptomatische Infektionen unentdeckt. Auch könnten sich Personen in den Gruppen unterschiedlich verhalten haben, was etwa das Masketragen oder Abstandhalten angeht.
Die Ergebnisse der Studie lassen eher darauf schließen, dass die Pandemie mithilfe von Impfungen und natürlichen Infektionen in den Griff zu bekommen ist: Impfungen verhindern dabei die schweren Erstinfektionen. Eine dauerhafte Immunität ist dann möglicherweise durch den Mix aus Booster-Impfungen und milden Infektionen mit dem dann zirkulierenden Virus zu erreichen.
„Wir wollen nicht, dass die Leute sagen: 'Ich sollte rausgehen und mich anstecken, ich sollte eine Infektionsparty veranstalten'“, kommentiert Michel Nussenzweig, Immunologe an der Rockefeller University, der nicht an der Studie beteiligt war. „Denn jemand könnte sterben.“
Bildquelle: CDC, Unsplash