Schweizer Forscher haben das Risiko für Atemwegserkrankungen bei Kaiserschnittgeborenen untersucht. Das Ergebnis der Langzeitstudie widerlegt bisherige Vermutungen.
In entwickelten Ländern kommen ca. 20–40 % aller Neugeborenen per Kaiserschnitt (Sectio) zur Welt. Bisher stellten viele Studien einen Zusammenhang zwischen der Kaiserschnittgeburt und einem erhöhten Risiko des Kindes, unter Atemproblemen sowie Allergien zu leiden fest.
Es wird vermutet, dass u. a. die Entwicklung des Mikrobioms und des Immunsystems des Neugeborenen eine große Rolle spielen. Hier werden der Kontakt mit dem Mikrobiom der Mutter im Geburtskanal, aber auch der Zeitpunkt und die Art des Einsatzes von Antibiotika unter der Geburt sowie epigenetische Effekte von Stress unter der Geburt erwähnt. Problematisch: Langzeit-Untersuchungen von älteren Kindern gibt es wenige.
Eine Schweizer Forschungsgruppe hat nun erstmals eine systematische Untersuchung von Erkrankungen des Atmungssystems bei einer Gruppe von Kindern in zwei Altersabschnitten vorgenommen: Während des ersten Lebensjahrs und nach sechs Jahren. Die Studie schloss 578 gesunde Termingeborene ein: Während des ersten Lebensjahres wurden wöchentlich die Symptome von Atemwegserkrankungen erhoben sowie im Alter von 6 Wochen eine Lungenfunktion durchgeführt.
Nach sechs Jahren wurden erneut die Lungenfunktion sowie erworbene Erkrankungen des Atmungssystems und die Allergieneigung erhoben. Eine solche Längsstudie über mehrere Jahre ist bisher einzigartig – die Aussagekraft der Resultate wird als hoch eingestuft.
Schon im ersten Lebensjahr konnte kein Zusammenhang zwischen Kaiserschnitt-Geburten und Erkrankungen des Atmungssystems mehr nachgewiesen werden. Die Lungenfunktionen von Kindern nach Normalgeburt und nach Kaiserschnitt wiesen keinen Unterschied auf, weder 6 Wochen nach Entbindung noch nach sechs Jahren.
Studienleiterin Dr. Sophie Yammine interpretiert die Ergebnisse jedoch vorsichtig: „Es gilt [...], zu berücksichtigen, dass die Anzahl der Kinder mit Asthmasymptomen relativ klein ist. Daher ist Vorsicht vor voreiligen Schlüssen angebracht. Was wir aber feststellen können, und das hat durchaus Relevanz für die Geburtsberatung, sind die fehlenden Unterschiede zwischen Normalgeborenen und per Kaiserschnitt geborenen Kindern.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsspitals Bern. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Amit Gaur, unsplash.