Lange Wartezeiten, wenig Privatsphäre am Empfang – niedergelassene Ärzte müssen oft Kritik einstecken. Eine Umfrage zeigt, wie zufrieden Patienten tatsächlich mit dem Praxisbesuch sind. Das Ergebnis ist überraschend eindeutig.
Im ambulanten Bereich erfolgt ein Großteil der medizinischen Versorgung – zusätzlich zur Behandlung der Menschen in Zeiten der Corona-Pandemie. Jährlich sind es über eine Milliarde Arzt-Patienten-Kontakte in den Praxen. Was man als Arzt aber nicht immer genau einschätzen kann: Wie zufrieden sind die Patienten eigentlich mit ihrer Behandlung? Wo gibt es Verbesserungspotenzial? Auf diese Fragen liefert eine repräsentative Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) jetzt deutliche Antworten.
Für die Umfrage hat die Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld vom 29. März bis 26. April 2021 in Deutschland insgesamt 6.193 zufällig ausgewählte Bürger telefonisch befragt.
Insgesamt zeichnet sich ein erfreuliches Bild ab: Die fachliche Kompetenz ihrer Ärzte stuften 91 Prozent der Befragten mit gut oder sehr gut ein. Und auch das Vertrauensverhältnis lag mit 90 Prozent auf einem sehr hohen Niveau.
„In der Corona-Krise mussten sich die Patienten in besonderer Weise auf ihre Ärzte verlassen. Diese Zahlen belegen ganz klar, dass sie das auch konnten“, sagte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV.
Die Zahl der Praxisbesuche ist im Vergleich zur letzten Befragung des Vorjahres um etwa fünf Prozent gesunken. Zudem kamen weniger Patienten mit akuten Problemen in die Praxis. „Das liegt wahrscheinlich an der geringeren Zahl saisonal üblicher Infekte aufgrund der Hygienemaßnahmen und Kontaktverbote“, erläuterte KBV-Chef Andreas Gassen.
80 Prozent der Befragten hatten in diesem und dem vergangenen Jahr bei ihrem Praxisbesuch auch Kontakt zum Arzt. Etwas weniger, als in den Jahren zuvor, denn im langfristigen Schnitt bis 2019 waren es noch 86 Prozent.
Bei den Wartezeiten in der Praxis hat sich ein Trend, der sich bereits zu Beginn der Corona-Krise vor einem Jahr angedeutet hatte, sichtbar verstärkt: Während bis zum vergangenen Jahr um die 26 Prozent der Patienten über 30 Minuten im Wartezimmer gewartet haben, waren es in diesem Jahr nur noch 15 Prozent.
Nicht besonders zufrieden sind Patienten hingegen mit der Privatsphäre am Empfang. Nur rund die Hälfte der Befragten (54 Prozent) empfindet diese als gut bis sehr gut.
Deutlich zugenommen haben im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit die Videosprechstunden. Die Hälfte der Befragten nutzt sie bereits oder würde sie nutzen. Vor zwei Jahren waren es noch 37 Prozent.
„Es sind aber vor allem die jüngeren Menschen in den Großstädten, die der Videosprechstunde aufgeschlossen gegenüberstehen. Für die Sicherstellung der Versorgung der älteren Bevölkerung in den ländlichen Gebieten ist sie daher nicht die richtige Option“, so KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel.
Die Versichertenbefragung geht auch auf die bevorstehenden Herausforderungen für die Gesundheit und das Gesundheitssystem ein. Die Ängste vor Personalmangel in den Pflegeberufen (16 Prozent) sowie vor Pandemien und Infektionskrankheiten (13 Prozent) haben die Sorge vor einem Ärztemangel auf den dritten Platz gerückt (9 Prozent).
„Das zeigt sehr deutlich, wie aktuelle Debatten und Berichterstattungen die Wahrnehmung beeinflussen. Vor einem Jahr war die größte Sorge noch der Ärztemangel. Aber egal, ob in den akademischen oder den Ausbildungsberufen – Arbeitskräftemangel im Gesundheitswesen lässt sich nicht durch kurzfristige Aktionen beheben. Er erfordert langfristige politische Lösungen“, betonte Hofmeister.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Bildquelle: Usman Yousaf, unsplash