Erfolglose Honorarforderungen und ein Krankenkassen-„Schmusekurs“: Apothekenkooperationen kritisieren die ABDA scharf. Sie könne nicht mehr alle Apotheken vertreten, so die zentrale Kritik. Ob der MVDA oder der BVDAK mit eigenen Strategien mehr Erfolg haben, ist fraglich.
Wenn Kollegen mobil machen: Jenseits der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sprießen allerlei berufspolitische Gewächse aus dem verdorrten Boden. Aktuellstes Beispiel: der Marketing Verein Deutscher Apotheker (MVDA). Unter seinem Dach formieren sich etwa 2.700 Inhaber. Sie haben jetzt ein brisantes Positionspapier verabschiedet und senden Botschaften in Richtung Berlin.
Der MVDA sieht sich momentan zwar nicht als Vertragspartner gemäß Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung (V. Sozialgesetzbuch, Paragraph 129). Angesichts „zunehmender Unzufriedenheit in der Apothekerschaft mit deren Standesvertretung“ befasst man sich aber doch mit politischen Themen. Grund genug für den Verein, seine „Interessen gegen Dritten verstärkt zu artikulieren und zu vertreten“. Damit sind auch klare Botschaften in Richtung ABDA verbunden: „Es gibt nicht mehr die eine Interessenvertretung für den Apothekenmarkt.“ Mittlerweile seien Interessen und Leistungen von Inhabern zu heterogen. Fünf Positionen sollen zeigen, wohin die Reise gehen könnte.
Auch bei MVDA-Experten stehen Maßnahmen zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) im Mittelpunkt, speziell bei Menschen mit Polypharmazie. „Eine koordinierte Zusammenarbeit der niedergelassenen Haus- und Fachärzte ist zur Steigerung der AMTS obligatorisch“, heißt es dazu. Während die Therapiehoheit weiter bei Ärzten liegt, kommen Apotheker bei Fragen rund um Arzneimittel in das Spiel – etwa mit Leistungen zum Medikations- und Interaktionsmanagement. Derart deutliche Worte fand die ABDA im Herbst 2014 nicht – und erntete prompt Schelte. Beim Apothekertag redete Dr. Andreas Köhler, ehemaliger Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Klartext zum Perspektivpapier „Apotheke 2030“: „Das Wort Arzt taucht darin nicht auf. Das beschäftigt mich sehr in der Deutung und Wertung der Ärzteschaft.“ Er mutmaßte schon damals, es werde einen „Riesenkonflikt“ geben.
Nicht das einzige heiße Eisen: Bei Honorierungsfragen plant der MVDA Gespräche mit Ärzten, um für eine „angemessene und jeweils leistungsgerecht verteilte Honorierung“ zu sorgen. Außerdem müsse man sektorale Grenzen des Gesundheitssystems überwinden. Bleibt noch, über Projekte zur flächendeckenden Versorgung – ein weiteres Thema der Apothekerschaft – nachzudenken. In seiner letzten Analyse sprach der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen bereits von Versorgungsdefiziten: nicht nur hinsichtlich einzelner Indikationen, sondern in gesamten Regionen. Jetzt sind neue Konzepte gefragt. Eine Lösung kann aber „nicht in der Bereitstellung von Apothekenbussen beziehungsweise in einem Dispensierrecht für Ärzte liegen“. Besser seien „systematisierte Botendienste inklusive pharmazeutischer Beratungsmöglichkeit“.
Berufspolitische Ambitionen des MVDA sind kein Einzelfall. Auch der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) meldete sich zu Wort – und kritisierte Claudia Korf. Die ABDA-Geschäftsführerin für Wirtschaft, Soziales und Verträge hatte in einem Interview gesagt, zwischen Krankenkassen und Apotheken laufe zurzeit „wenig schief“. BVDAK-Chef Dr. Stefan Hartmann: „Solche Aussagen sind nicht nur realitätsfern, sondern auch eine Ohrfeige für jeden Apotheker, der tagtäglich mit den Krankenkassen Kämpfe austrägt.“ Von der ABDA fordert er, den aktuellen „Schmusekurs“ mit Krankenkassen zu beenden. Rabattverträge brächten Inhabern enorm viel Arbeit; an Einsparungen von rund 1,1 Milliarden Euro würden sie aber nicht beteiligt. Generell bewege sich bei der Honorierung zu wenig. Zuletzt waren sich Experten, allen voran DAV-Chef Fritz Becker, einig, nur durch ein angemessenes Honorar könne die ökonomische Basis für Apotheken gesichert werden. Kassen wollen davon wenig hören. Jetzt erwartet der BVDAK von der ABDA Erfolgsmeldungen. Gleichzeitig werden Politiker aufgefordert, Apotheker stärker mit ins Boot zu holen – etwa beim Medikationsmanagement.
Entsprechende Statements zeigen, dass Verbände und Kooperationen nur allzu gerne in der Berufspolitik eigene Wege gehen würden. Ihre Begründung: „Die ABDA muss sich von der Vorstellung lösen, auch die letzte Apotheke im Bayerischen Wald vertreten zu können“, so Hartmann beim Kooperationsgipfel 2015 in München. Schlägt jetzt die Stunde spezialisierter Verbände? Mit Statements allein ist es bekanntlich kaum getan. Sowohl dem MVDA als auch dem BVDAK fehlen Mittel und Wege, ihre Forderungen auch durchzusetzen. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat derzeit andere Prioritäten, vom E-Health-Gesetz einmal abgesehen. Aber auch da rangieren Apotheker unter ferner liefen.