Ein Forschungsteam hat festgestellt, dass defekte Kaliumkanäle im Gehirn Auswirkungen auf das innere Navigationssystem haben. Die Erkenntnisse sind auch für die Alzheimer-Forschung relevant.
Kalium ist unter anderem unentbehrlich für die Erregbarkeit der Muskel- und Nervenzellen, indem Kaliumionen elektrische Ströme erzeugen. Ein internationales Team von Molekularbiologen und Neurophysiologen hat nun Hinweise darauf gefunden, dass der Kaliumkanal KCNQ3 möglicherweise eine Rolle bei Alzheimer und weiteren kognitiven Störungen spielen könnte.
Normalerweise werden bestimmte Kaliumströme gehemmt, was wichtig für die Erregbarkeit im Kortex und damit entscheidend für unser Gedächtnis und unsere Aufmerksamkeit ist. Diese Stimulation bzw. Neuromodulation geht bei Alzheimer-Patienten bekanntlich nach und nach verloren.
Forscher untersuchten nun die Rolle der KCNQ3-Kanäle speziell bei der Neuromodulation des Navigationssystems des Gehirns. Die sogenannten Ortsfelder (place fields) dienen dem Gehirn als innere Landkarte. „Wir fanden heraus, wie verschiedene Signale, die von Ortszellen unter der Kontrolle von KCNQ3-Kanälen erzeugt werden, mit den Gehirnrhythmen interagieren und so präzise räumliche Karten bilden“, beschreibt Prof. Alexey Ponomarenko, einer der Erstautoren.
Bei Mäusen mit defektem KCNQ3-Kanal zeigte sich jedoch ein anderes Bild. Während bei gesunden Mäusen die Aktivitätsmuster der Ortszellen einer bestimmten räumlichen und zeitlichen Abfolge unterlagen, lief bei den Mäusen die synaptische Übertragung von einzelnen oder mehreren Signalen gleichzeitig – in sogenannten Salven – mehr oder weniger chaotisch ab. „Salven haben normalerweise einen bestimmten Rhythmus, wann sie abgefeuert werden. Bei den Mutanten werden sie jedoch nicht mehr durch den Rhythmus kontrolliert, sondern zu völlig zufälligen Zeitpunkten beziehungsweise Phasen des Rhythmus abgefeuert“, erklärt Ponomarenko.
„Dadurch werden einzelne Aktionspotenziale unterdrückt und es kommt zu einem Ungleichgewicht zwischen verschiedenen Aktivitätsmustern in den Nervenzellen.“ Die Forscher konnten darüber hinaus zeigen, dass der fehlende KCNQ3-Kanal zu einer starken Reduktion der Kaliumströme – hier dem M-Strom – in den Nervenzellen führte.
„Obwohl die bisher verfügbaren Daten für eine klinische Anwendung nicht ausreichen, lassen unsere Erkenntnisse vermuten, dass die KCNQ3-Kanäle ein potenzielles Ziel für die zukünftige Erforschung von Medikamenten gegen Alzheimer- und anderen Demenzen sein könnten“, betont Ponomarenko, „zumindest im frühen Stadium, wo die Ortszellen wahrscheinlich noch vorhanden sind, aber die cholinerge Neuromodulation schon nachgelassen hat.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Annie Spratt, unsplash.