Essenszeiten haben einen großen Einfluss auf unseren inneren Rhythmus. Forscher konnten nun zeigen, welche Mechanismen dafür verantwortlich sind und welche Rolle Insulin dabei spielt.
Unsere innere Uhr reguliert nahezu alle physiologischen Prozesse und basiert auf einem engen Zusammenspiel der sogenannten Clock-Gene, die einen 24-Stunden-Rhythmus generieren. Schon länger ist bekannt, dass Essenszeiten und Nahrungskompositionen den zirkadianen Rhythmus verschiedener Gewebe verändern können und damit auch das Risiko für Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen beeinflussen. Über die zugrundeliegenden Mechanismen war bislang jedoch wenig bekannt.
In einer aktuelle Studie untersuchten Forscher der Charité den Einfluss eines erhöhten Insulinspiegels nach einer Mahlzeit auf den zirkadianen Rhythmus des Fettgewebes. Dafür analysierten sie Fettgewebsproben von 17 adipösen, nicht-diabetischen Männern, die vor und nach dem sogenannten hyperinsulinämischen-euglykämischen Clamp entnommen wurden. „Diese Methode wird in der Regel zur Bestimmung der Insulinsensitivität genutzt. Aber auch für unsere Fragestellung war sie ideal, weil wir so die reinen Effekte von Insulin auf das Fettgewebe des Menschen in vivo untersuchen konnten“, erklärt Dr. Olga Ramich, Forschungsgruppenleiterin.
Die Forscher isolierten das genetische Material aus den Fettgewebsproben und bestimmten die Aktivität verschiedener Gene. Im Vergleich zur Kontrollgruppe, die statt Insulin eine Kochsalzlösung erhalten hatte, zeigte sich eine deutlich veränderte Expression der Clock-Gene, was darauf schließen lässt, dass Insulin die Regulation der inneren Uhr maßgeblich beeinflusst.
Zur Aufklärung der molekularen Mechanismen, die für diese Regulation verantwortlich sind, nutzten die Wissenschaftler genetisch modifizierte Fettzellen aus einem Mausmodell. In diese Zellen wurde ein Luciferase-Gen eingesetzt und an einen Abschnitt des Per2-Gens gekoppelt – eines der Schlüsselgene des molekularen Uhrwerks. Dank der Luciferase erzeugen die Zellen Licht in Abhängigkeit von der Per2-Aktivität, was den Forschern ermöglichte, die zirkadianen Rhythmen in Echtzeit über mehrere Tage zu beobachten. „Wir stellten fest, dass Insulin eine schnelle und vorübergehende Aktivitätssteigerung von Per2 bewirkt und somit den gesamten Clock-Rhythmus verändert“, erklärt Dr. Neta Tuvia, eine der Erstautorinnen.
In molekularbiologischen Versuchen identifizierten die Wissenschaftler dann diejenigen Abschnitte des Per2-Gens, welche für den Insulineffekt entscheidend sind. Sie stellten fest, dass der Bereich zwischen 64 und 43 Basenpaaren eine wesentliche Rolle spielt.
„Unsere Ergebnisse zeigen erstmals, auf welche Weise ungünstige Essenszeiten unsere zirkadianen Rhythmen stören und negative Stoffwechselveränderungen hervorrufen können“, fasst Ramich zusammen. „Das kann auch erklären, warum sich nächtliches Essen besonders ungünstig auf den Stoffwechsel auswirkt.“ Die Forscher gehen davon aus, dass die Mechanismen, die zur essensbedingten Umstellung der inneren Uhr führen, noch komplexer sind und weitere Hormone und Metabolite daran beteiligt sind. Das gilt es, in zukünftigen Studien zu überprüfen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke. Die Originalpublikation findet ihr im Artikel und hier.
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