Toxoplasmose in der Schwangerschaft wird immer noch zu oft übersehen. Dabei könnte ein einfacher Bluttest das verhindern.
Toxoplasmose gehört zu den zoonotischen Infektionen, die durch kontaminierte Lebensmittel oder Katzenkontakt übertragen werden. Infektionsquellen sind rohes oder nicht durchgegartes Fleisch, ungewaschenes Obst und Salat. Auch der direkte Kontakt mit Katzen und deren Ausscheidungen sind mögliche Infektionsquellen. Neben asymptomatischen Verläufen, grippeähnlichen Symptomen und schweren Organmanifestationen ist alles möglich. Besonders gefürchtet ist die primäre Infektion in der Schwangerschaft, da sie zu einer schweren Schädigung des Kindes führen kann.
Toxoplasmose ist eine meist blande verlaufende Infektion. Sie verläuft weitgehend asymptomatisch oder mit grippeähnlichen Symptomen. Bei 30–40 % der Infizierten kommt es zu anhaltenden Lymphknotenschwellungen über Wochen und Monaten. Auch können subfebrile Temperaturen und Abgeschlagenheit über einen längeren Zeitraum persistieren. Primär läuft die Infektion im lymphatischen Gewebe ab, eine Myokarditis, Enzephalitis und Chorioretinitis sind möglich. Bis zu 50 % der Erwachsenen besitzen Antikörper gegen Toxoplasma gondii.
Als Primärprophylaxe sollte allen Schwangeren im Erstgespräch empfohlen werden, Fleisch genügend durchzubraten, Obst und Salat gründlich zu waschen und den Kontakt mit Katzen zu meiden. Ein Screening des Immunstatus ist international umstritten. In Deutschland und in der Schweiz wird es nicht allgemein empfohlen, in Österreich gehört es zur Routine. Als IGeL-Leistung kann zu Beginn der Schwangerschaft der Antikörperstatus bestimmt werden. Bei fehlender Immunität empfiehlt sich die Blutabnahme im Verlauf alle 8–10 Wochen zu wiederholen, um eine akute Infektion rechtzeitig zu diagnostizieren.
Sollte es zu einer Erstinfektion der Mutter gekommen sein, wird eine gezielte medikamentöse Therapie eingeleitet. Bis zur 16. Schwangerschaftswoche wird ein nicht plazentagängiges Antibiotikum (Spiramycin), danach eine Kombinationstherapie aus einem Antiparasitikum (Pyrimethamin) und einem weiteren Antibiotikum (Sulfadiazin) gegeben. Dadurch wird das Schädigungsrisiko für das Kind reduziert. Die Übertragungswahrscheinlichkeit nimmt mit steigendem Gestationsalter zu, der Schweregrad der kindlichen Schädigung dagegen ab.
Im Durchschnitt kommt es bei 35 % der Betroffenen zu einer Infektion des Fetus. Zeigt die Schwangere Symptome, die eine primären Infektion mit Toxoplasmose vermuten lassen, werden die Laboruntersuchungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Wegen der meist eher untypischen oder fehlenden Symptomatik fallen Primärinfektionen nicht selten durch das Raster und werden erst später an den Folgeschäden erkannt. Kinder, deren Mütter sich in der Schwangerschaft mit Toxoplasmose infizierte haben, müssen pädiatrische nachbehandelt und überwacht werden.
In der Mehrzahl der Fälle ist das infizierte Kind zunächst unauffällig. Konnatale Infektionen können jedoch auch nach Jahren zu Folgeschäden führen, etwa durch Reaktivierung eines Herdes in der kindlichen Retina.
Zunächst bilden sich Absiedelungen in der Plazenta oder den Eihäuten, die zum Einbruch des Erregers in den fetalen Kreislauf führen können. Bereits intrauterin sind schwere Infektionen des fetalen ZNS möglich, gefolgt von Hydrozephalus und intrazerebralen Verkalkungen. Eine Myokarditis, Hepatitis oder Enzephalitis können auftreten, gefolgt von intrauterinen Mangelentwicklungen, Aborten oder Totgeburten. Postnatal fallen betroffenen Kinder durch neurologische Beeinträchtigungen auf, schwere Sehschäden werden noch nach Jahren durch Reaktivierung der Erkrankung diagnostiziert.
Die Inzidenzen für verschiedene Toxoplasmose-Manifestationen in Deutschland wurden für die Jahre 2011–2016 in einer Studie untersucht. Daran beteiligt waren u. a. das Robert-Koch-Institut und die Berliner Charité.
In Deutschland werden im Jahresdurchschnitt 8.047 Toxoplasmose-Patienten diagnostiziert. Die durchschnittliche Inzidenz von nicht schwangerschaftsassoziierten Toxoplasmose-Patienten beträgt 9,6/100.000 Einwohner.
Es wird von einer durchschnittlichen jährlichen Fallzahl von 1.601 okulären Manifestationen ausgegangen. Im Jahresdurchschnitt erkranken 142 Menschen in Deutschland an einer zerebralen Toxoplasmose. Andere Toxoplasmose-Manifestationen, wie an Leber und Lunge, treten durchschnittlich bei 752 Patienten pro Jahr auf. Nicht spezifizierte Formen findet man bei 5.202 Patienten.
In einer Metaanalyse wird die weltweite Inzidenz der akuten Toxoplasmose in der Schwangerschaft mit 1,1 % angegeben. Die Spanne reicht von 0,5 % in der europäischen Region bis 2,5 % im östlichen Mittelmeerraum. Man geht von einer erheblichen Untererfassung der Diagnose aus. Toxoplasmose während der Schwangerschaft wird in Deutschland durchschnittlich in 289 Fällen pro Jahr diagnostiziert, was einer Inzidenz von 40,3/100.000 entspricht.
Die Auswertungen erbrachten eine eher rückläufige Inzidenz der Toxoplasmose. Als Gründe werden eine verbesserte Prävention in der fleischerzeugenden Lebensmittelverarbeitung, aber auch veränderte vegetarische und vegane Ernährungsgewohnheiten gesehen.
Toxoplasmose-Infektionen sind in Deutschland zwar mittlerweile seltener geworden, können aber bei einer Erstinfektion in der Schwangerschaft massive kindliche Schädigungen verursachen. Da eine Infektion der Mutter oft unerkannt bleibt, ist die einzige Möglichkeit einer sicheren Diagnostik die Blutuntersuchung auf Antikörper. Der Immunstatus sollte möglichst zu Beginn der Schwangerschaft erhoben und bei Negativität noch zweimal im Schwangerschaftsverlauf wiederholt werden. Tritt eine akute Infektion ein, kann medikamentös therapiert und das kindliche Schädigungsrisiko minimiert werden.
Toxoplasmose wird durchschnittlich in 8.047 Fällen pro Jahr in Deutschland diagnostiziert, gefolgt von 7.889 Fällen einer Lues- und 3.093 Fällen einer HIV-Infektion. Die Laboruntersuchungen auf Lues und HIV sind Bestandteil der Mutterschaftsvorsorge und werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Toxoplasmose-Tests werden nicht von den gesetzlichen Krankenversicherungen erstattet, wobei sich ein allgemeines Screening als kosteneffektiv erwiesen hat. Das selbst finanzierte Screening könnte zu einer selektiven Untersuchung vor allem bei Frauen mit höherem Bildungs- und Einkommensstatus führen.
Eine Aufnahme des Toxoplasmose-Screenings in die allgemeinen Mutterschaftsrichtlinien wäre effektiv und sozial gerecht.
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