Die COVID-19-Pandemie ist vermutlich nur die erste von vielen Zoonosen, die auf die Menschheit zukommen. Das One-Health-Konzept soll vorbeugen – und verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz.
Der Ausbruch von COVID-19 im Dezember 2019 hat bisher über drei Millionen Todesopfer gefordert. Von Tier auf Mensch übertragen, gilt COVID-19 als Zoonose mit vermeintlichem Ursprung in Fledermäusen. Anlass zur Sorge gibt nicht nur die Übertragung von Tieren auf Menschen, sondern womöglich ist umgekehrt die revers-zoonotische Übertragung vom Menschen auf sein Haustier noch wichtiger. Vor diesem Hintergrund widmet sich ein aktuelles Positionspapier der Europäischen Akademie für Allergologie und Klinischer Immunologie (EAACI) dem Thema Coronavirus-Erkrankungen bei Mensch und Tier, potentiellen Übertragungswegen zwischen beiden sowie möglichen Maßnahmen.
Die Conclusio: Kurzfristig am wirkungsvollsten sind Abstands- und Hygienemaßnahmen für Mensch und Tier, aber langfristig kann wirkungsvolle Prävention von Pandemien nur durch einen ganzheitlichen interdisziplinären Zugang erfolgen.
Menschen, Tiere und Pflanzen sind alle globalen Bedrohungen ausgesetzt. Dem trägt das One-Health-Konzept Rechnung, indem es weg von einer isolierten Betrachtungsweise das gesamte organische Leben auf unserem Planeten mit einbezieht. Klimawandel, Umweltverschmutzung, industrielle Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung wirken sich auf die Lebensqualität und die öffentliche Gesundheit aus.
Im Bereich der zoonotischen Erkrankungen zeigen aktuelle Resultate unterschiedlicher Forschungsgruppen, dass zahlreiche Faktoren ein erhöhtes Risiko – auch für Coronaviren-Erkrankungen – darstellen: Der Klimawandel und die globale Erwärmung führen zu veränderter Fauna und Flora; die Zerstörung der Lebensräume für Wildtiere und das Vordringen des Menschen dorthin führt zu einem erhöhten Risiko für Zoonosen und reverse Zoonose. Zusätzliche Risiken stellen die Verarbeitung, unsachgemäße Lagerung und der Verzehr von exotischen, wild-lebenden Tieren dar.
In der aktuellen COVID-19-Pandemie, welche von SARS-CoV-2 ausgelöst wurde, könnte das Überspringen des Virus von Fledermäusen auf einem chinesischen Markt („wet market“) mit einem möglichen Zwischenwirt der Auslöser gewesen sein. Der weitere Übertragungsweg, vor allem respiratorisch über Aerosole und Tröpfen, aber möglicherweise auch oro-fäkal, erfolgte dann vor allem innerhalb einer Spezies, also von Mensch zu Mensch. Aber der Mensch könnte die Erkrankung dann auch auf Haustiere sowie Zoo- und Farmtiere übertragen haben, welche sich dann wieder innerhalb der Spezies rasch verbreiten konnte. Die wichtigsten Beobachtungen derzeit sind, dass umgekehrt Haustiere wohl für den Menschen keine Gefahr darstellen und eher ein „Sackgassen“-Wirt sind. Trotzdem haben viele Tierbesitzer aus Angst vor Ansteckung ihr Haustier ausgesetzt. Simulationsberechnungen haben aber gezeigt, dass durch diese verfehlte Reaktion das Risiko für eine Weiterverbreitung sogar erhöht sein kann.
Die wichtigsten Verhaltensregeln für den Menschen und seine Haus- und Hoftiere sind daher vor allem Hygiene- und Abstandsmaßnahmen, wie sie derzeit auch zwischen Menschen gelten. Mit einer Ausnahme: Tiere müssen weder desinfiziert werden noch ist eine Maskenpflicht machbar und sinnvoll.
„Die Gefahr von solchen Pandemien steigt“, so Isabella Pali-Schöll vom interuniversitären Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Die wichtigsten kurzfristigen Präventivmaßnahmen auf Ebene der Gesundheitspolitik sind die genaue Beobachtung von neu auftretenden, unbekannten Symptomen und deren gezielte Testung und Erkennung sowie rasches Einschreiten im Sinne einer Quarantäne, um eine Ausbreitung zu verhindern. Darauf sollten zügig die Entwicklung, Produktion, globale Verteilung und Verabreichung von Impfstoffen und Medikamenten folgen.
Aber dringend müssen, dem One-Health-Konzept folgend, auch rasch systematisch langfristige Maßnahmen gesetzt werden und zwar auf lokaler, nationaler und globaler Ebene, um die Gefahr von zoonotischen und anderen Erkrankung von Mensch und Tier zu vermindern, so Pali-Schöll. Dazu gehören Erhaltung und Schutz sowie die Wiederherstellung von Lebensräumen für Wildtiere und der Biodiversität, denn Monokulturen und wenig Artenvielfalt bei Boden, Pflanzen, Tieren bieten immer eine Bühne für Krankheiten. Zusätzlich muss aber auch die Aufklärung der betroffenen Bevölkerungsgruppen bezüglich Konsum von exotischen Tieren und hygienischen Haltungs- und Lagerungsbedingungen von Lebensmitteln erfolgen. Unabhängig davon muss der Zugang zu ausreichend Trinkwasser und Nahrung gesichert werden, um damit zoonotischen Erkrankungen bei Mensch und Tier vorzubeugen.
In diesem Sinne müssen Prävention und Management von Pandemien einem holistischen Prinzip folgen, mit One Health als optimaler Strategie. Das One-Health-Konzept wurde jüngst durch Implementierung einer eigenständigen Arbeitsgruppe in der Europäischen Akademie für Allergologie und Klinischer Immunologie (EAACI) gewürdigt, in der auch nicht-infektiöse Erkrankungen (non-communicable diseases NCD) sowie Allergien bei Mensch und Tier bearbeitet werden.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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