Die Versorgung in spezialisierten Krebszentren kann teuer sein, aber Patientenleben verlängern. Wie sieht das Kosten-Nutzen-Verhältnis aber konkret aus? Dazu gibt es jetzt eine Studie.
Mit dem Ziel, die medizinische Versorgung onkologischer Patienten zu verbessern, wurde in den 2000er Jahren in Deutschland ein Stufenmodell der onkologischen Versorgungsstrukturen etabliert. Die Basis bilden Organkrebszentren, die auf eine bestimmte Krebsart spezialisiert sind (Cs). Die zweite Ebene stellen die Onkologischen Zentren (Cancer Centers, CCs) dar, die für die Behandlung mehrerer Tumorentitäten zertifiziert sind. Dazu kommen die von der Deutschen Krebshilfe akkreditierten Onkologischen Spitzenzentren (Comprehensive Cancer Centers, CCCs), die an Universitätsklinika die multidisziplinäre Versorgung eines sehr breiten Spektrums von Krebserkrankungen mit Forschung und der Entwicklung neuer Krebstherapien kombinieren.
„Alle zertifizierten Zentren müssen Qualitätskriterien erfüllen, wie etwa die Verpflichtung, nach Leitlinien zu behandeln oder Tumorkonferenzen zu organisieren“, betont Jochen Schmitt von der TU Dresden.
„Allerdings fallen in den zertifizierten Zentren zusätzliche Kosten für die höhere Qualität der Versorgung an. Sie erbringen über die von der Gesetzlichen Krankenversicherung finanzierte Regelversorgung hinaus umfangreiche Mehrleistungen, zum Beispiel hinsichtlich der Leitlinienimplementierung, der psychoonkologischen Betreuung der Patienten, Spezialsprechstunden und erweiterter Beratungsangebote, der Fort- und Weiterbildung, sowie regelmäßiger Tumorkonferenzen und Qualitätszirkel“, erklärt Michael Schlander, Gesundheitsökonom am DKFZ. „Aber das Kosten-Nutzen-Verhältnis der aufwändigeren Versorgung in diesen Zentren ist bis heute in Deutschland noch nicht untersucht worden.“
Zu dieser Frage veröffentlichten Schlander, Schmitt und Kollegen nun eine umfangreiche Kosten-Effektivitäts-Analyse. Das Team von Gesundheitsökonomen um Chih-Yuan Cheng am DKFZ nutzte die pseudonymisierten Daten von insgesamt 6.186 Patienten, die entweder in zertifizierten Zentren (Cs, CCs, CCCs) oder in nicht-zertifizierten Einrichtungen behandelt worden waren. Die Patienten waren bei der AOK PLUS krankenversichert und hatten zwischen 2008 und 2013 die Diagnose Darmkrebs erhalten.
Nachdem die Dresdener Wissenschaftler bereits Überlebensvorteile von Patienten darstellen konnten, die in den zertifizierten Krebszentren behandelt wurden, ermittelte die Forschergruppe am DKFZ nun die patientenbezogenen Netto-Behandlungskosten und bestimmte deren Relation zu den mittleren Überlebenszeiten der Patienten. Dazu kamen bei den in zertifizierten Zentren behandelten Patienten die Kosten für Zusatzleistungen, die nicht unter die Regelfinanzierung fallen. So ließen sich die zusätzlichen Kosten pro gewonnenem Lebensjahr errechnen und vergleichen.
Die Ergebnisse zeigten durchgehend, dass Patienten, die in zertifizierten Zentren behandelt wurden, länger überlebten – bei gleichzeitig niedrigeren Kosten pro Patient. Auch nach Prüfungen der Berechnung unter verschiedenen Annahmen blieb das Ergebnis konsistent.
„Wir konnten damit erstmals Belege dafür finden, dass die allgemein als teuer geltende Versorgung in zertifizierten Organkrebszentren, Onkologischen Zentren und Spitzenzentren auch aus gesundheitsökonomischer Sicht sehr attraktiv sein kann“, so Schlander. Der Gesundheitsökonom legt aber Wert auf die Einschränkung, dass die Ergebnisse das deutsche Gesundheitssystem reflektieren und nicht unbedingt auf andere Systeme oder andere Krebsarten übertragen werden können.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums. Zur Originalpublikation kommt ihr über den Link im Text und hier.
Bildquelle: Daniel Thiele, Unsplash