Die STIKO empfiehlt eine Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche nur in bestimmten Fällen – trotzdem rät die Sächsische Impfkommission jetzt generell zur Impfung ab zwölf Jahren. Das sind die Gründe.
Bisher empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche nur in Ausnahmefällen – jetzt rückt das Bundesland Sachsen von dieser Linie ab. Die Sächsische Impfkommission (SIKO) hat ihre Impfempfehlungen überarbeitet und empfiehlt die Impfung jetzt für alle Kinder ab zwölf Jahren, auch wenn keine Vorerkrankungen vorliegen.
Die Änderung gilt seit Sonntag (01. August 2021). Grund für die Entscheidung sei die Bewertung neuer Daten aus den USA und Israel. Und außerdem die „überaus dynamische“ Entwicklung der Pandemie, heißt es im offiziellen Papier dazu.
Die neue Empfehlung bedeutet konkret, dass Kinder und Jugendliche sich ab sofort in den sächsischen Kinder- und Hausarztpraxen impfen lassen können. Ab 14 Jahren ist das auch im Impfzentrum möglich.
Zuvor wurden Kinder in Sachsen nach dem bundesweit gültigen Maßstab geimpft, sprich in der Regel erst ab 16 Jahren. Für Jüngere ab zwölf Jahren wurde die Impfung nur empfohlen, wenn bestimmte Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf vorliegen oder auf Wunsch nach individueller ärztlicher Beratung.
Die Kommission begründet ihre Entscheidung mit dem wachsenden Wissensstand zu Impfungen. Gemeint sind damit vor allem aktuelle Daten aus den USA und Israel. „Hier überwiegt der Nutzen eindeutig das Risiko adverser Reaktionen“, so die SIKO.
Die Datenbasis für die Einschätzung der SIKO seien 6,1 Millionen Impfungen von 12- bis 17-Jährigen in den USA sowie eine hohe sechsstellige Zahl solcher Impfungen in Israel, erklärt SIKO-Vorsitzender Thomas Grünewald gegenüber Deutschlandfunk Kultur.
Bei ihrer Analyse habe die SIKO besonders das Auftreten von Herzmuskelentzündungen in Verbindung mit Coronaimpfungen in den Blick genommen. Bei männlichen Jugendlichen in der Altersgruppe von zwölf bis 17 Jahren sei hier mit einer Häufigkeit von bis zu 70 pro einer Million vollständig Geimpfter zu rechnen. „Gleichzeitig werden in dieser Altersgruppe zwei Todesfälle und 71 Intensivbehandlungen aufgrund von COVID-19 sowie 5.700 SARS-CoV-2-Infektionen verhindert“, heißt es.
Bei weiblichen Impflingen liege die Häufigkeit von Herzmuskelentzündungen hingegen bei etwa zehn von einer Million vollständig Geimpfter bei Verhinderung eines Todesfalls und von 38 Intensivbehandlungen.
„Es ist nicht nur die Tatsache, dass es ein epidemiologischer Schutz ist – das heißt, die anderen sind geschützt durch die Impfung – auch die Kinder selber haben einen Vorteil durch die Impfung“, so das Fazit von Grünewald.
Bislang ist die Impfquote bei unter 18-Jährigen gering. Momentan liegt sie bei etwa 20 Prozent. Den Gesundheitsministern der Länder ist das zu wenig. Sie wollen heute mit Beratungen die Impfkampagne bei Kindern und Jugendlichen stärker voranbringen. Diskutiert wird über einen Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums, wonach allen 12- bis 17-Jährigen ein Impfangebot gemacht werden soll. Das geht aus einem Beschlussentwurf hervor.
Trotz heftigen politischen Drucks zeigt sich die STIKO hingegen weiter zurückhaltend bei einer Impfempfehlung für diese Altersgruppe. Derzeit gebe es noch zu wenige Daten zu möglichen gesundheitlichen Folgeschäden. Dafür aber immensen öffentlichen Druck auf die Kommission, schnell eine Entscheidung zu treffen, wie STIKO-Vositzender Thomas Mertens im Radiosender NDR Info kritisiert. „Es kann durchaus sein, dass wir unsere Empfehlung ändern werden, aber sicher nicht, weil Politiker sich geäußert haben“, sagte er.
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