Wildtiergenetiker stellen ein neues Verfahren vor, mit dem man Wolf-Hund-Hybriden sicher identifizieren kann. Wie die Methode funktioniert und wofür sie gebraucht wird, erfahrt ihr hier.
Im Jahr 2000 wurden zum ersten Mal seit der Ausrottung des Wolfes um 1850 in Deutschland wieder wildlebende Wolfswelpen geboren. Seitdem ist eine sehr dynamische Ausbreitung zu beobachten. „Gerade zu Beginn einer solchen Wiederbesiedlung ist die Wahrscheinlichkeit, dass Wölfe sich mit Haushunden verpaaren, erhöht – schlicht aus Ermangelung einer Auswahl an Geschlechtspartnern der eigenen Art“, erklärt Dr. Carsten Nowak vom Senckenberg Forschungsinstitut.
Der Wildtiergenetiker hat nun gemeinsam mit seinem Team eine neue Methode vorgestellt, die es ermöglicht, solche Wolf-Hund-Hybriden mit Hilfe von Umweltproben sicher zu identifizieren. „Wir können solche Mischlinge anhand der DNA aus Kotproben, Haaren oder aus Speichelresten von gerissenen Beutetieren identifizieren. Dabei ist die neue Methode deutlich höher auflösend als herkömmliche Verfahren und erlaubt die sichere Erkennung von Hybridisierungsereignissen auch noch nach mehreren Generationen“, fügt Nowak hinzu.
Ermöglicht wird dies durch die gezielte Auswahl von Stellen im Genom, an denen sich Haushunde und Wölfe voneinander unterscheiden. Die neue Methode soll alte Verfahren, wie den Ähnlichkeitsabgleich individueller genetischer Profile aus Referenzproben von Wolf und Hund, ablösen.
Die enge Verwandtschaft erschwert die sichere Erkennung von Wolf-Hund-Hybriden – zu sehr können Hybriden in ihren äußerlichen und molekulargenetischen Merkmalen den genetisch reinen Wölfen ähneln. Die bei Wolf-Hund-Verpaarungen gezeugten Mischlinge zu erkennen, ist für das Wolfsmanagement aber wichtig: Hybride sind weiter zeugungsfähig und können Hundegene in die komplette Wolfpopulation streuen, wenn sie sich wieder mit Wölfen paaren.
Theoretisch ist es möglich, dass sich hierdurch im Laufe der Zeit immer mehr Hundegene im Genpool des Wolfs ansammeln. „Zudem ist die gesellschaftliche Akzeptanz für wildlebende Wolf-Hund-Hybride gering. Daher werden Hybriden in der Regel aus der freien Wildbahn entnommen. Unsere publiziertes Verfahren erleichtert ihre sichere Identifizierung erheblich“, so Nowak.
In Deutschland wurden bislang nur sehr wenige Hybridisierungen zwischen Wölfen und Haushunden registriert. Zu diesen kam es in Fällen, wo weibliche Wölfe keinen unverwandten wölfischen Paarungspartner fanden. In derartigen Fällen wird meist eine Entnahme der Hybride aus der Natur angeordnet, so dass diese sich nicht weiter mit Wölfen paaren können.
Nowak hierzu: „Wir haben in unserer Studie bei den aus Deutschland stammenden Wolfsproben keine erhöhten Anteile von Hundegenen gefunden. Ähnliche Befunde gibt auch in anderen Regionen Europas, in denen Hybriden konsequent entnommen werden und es zudem kaum streunende Haushunde gibt, wie in Skandinavien oder dem Alpenraum.“
Im deutschen Wolfsmonitoring wird die neue Methode bereits routinemäßig eingesetzt, der standardisierten Einsatz in ganz Europa ist geplant. „So könnten wir Gegenden identifizieren, in denen beispielsweise verwilderte Hunde stärker kontrolliert werden müssen, um eine ökologische Trennung zu den Wölfen zu gewährleisten. Ein flächendeckender Einsatz der Methode zur Erfassung der Hybridisierungsraten über Europa würde uns zudem helfen, regionale Unterschiede bei der Vermischung von Wolf und Hund besser zu verstehen“, resümiert die Erstautorin der Studie, Jenni Harmoinen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseen. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Marc-Olivier Jodoin, unsplash.