Schon lange ist ein möglicher Zusammenhang zwischen Pestiziden und der Entstehung einer Parkinsonerkrankung bekannt.1 Dennoch ist es schwierig, Pestizide als kausalen Auslöser der Erkrankung zu beweisen – vor allem, weil die neurotoxischen Effekte erst sehr viel später auftreten können.1 Besonders LandwirtInnen, die beim Einsatz der Gifte auf ihren Feldern oder in den landwirtschaftlichen Betrieben einer Langzeitexposition ausgesetzt sind, sind daher gefährdet.1 Was ist bekannt über den Zusammenhang zwischen Pestiziden und Parkinson? Können Pestizide Parkinson auslösen?Verschiedene Wirkmechanismen von Pflanzen- und Insektenvernichtungsmitteln Die Gruppe der Pestizide ist groß, und die Wirkmechanismen sowie die Toxizität der chemischen Substanzen unterscheidet sich zum Teil.2 Daher lässt sich die Annahme, dass alle Pestizide, Herbizide, Fungizide und Insektizide gleichermaßen Parkinson auslösen könnten, nicht pauschalisieren. Stattdessen sollte genauer zwischen den einzelnen Wirkstoffen differenziert werden.2
Das Insektizid Rotenon beispielsweise, dessen Nutzung in der EU mittlerweile verboten ist, entfaltet seine giftige Wirkung durch die Inhibition des mitochondrialen Komplex I.2 Da Rotenon bekanntermaßen toxisch auf dopaminerge Neuronen wirkt, wird es in Zellkulturmodellen und Tiermodellen auch zur Erforschung von Parkinson eingesetzt.3 Einige Fungizide aus der Klasse der Dithiocarbamate hemmen hingegen das Enzym Aldehyd-Dehydrogenase. Das ebenfalls EU-weit verbotene Insektizid Paraquat vermittelt seine Toxizität über das Auslösen von oxidativem Stress.2,4 Durch diese Redox-Aktivität ist es plausibel, dass Paraquat dopaminerge Neuronen in der Substantia nigra schädigen könnte.2 Was die zu bekämpfenden Organismen und das Unkraut auf dem Acker abtöten soll, kann anscheinend auch dem Menschen auf lange Sicht Schaden zufügen.Blick auf die StudienlageDie Kohortenstudie AGRICAN aus dem Jahr 2018 mit über 181.000 teilnehmenden LandwirtInnen untersuchte mittels Fragebögen die Assoziation von jahrelangem Pestizideinsatz, sowohl bei Nutzpflanzen als auch bei Viehbestand, und der Entstehung von Parkinson.5 Einige der untersuchten Pestizide waren mit einem erhöhten Parkinsonrisiko verbunden. Dazu gehörten Rotenon, Diquat, Paraquat und einige Fungizide aus der Klasse der Dithiocarbamate.5 Unter LandwirtInnen, die Pestizide einsetzen, wurde eine höhere Parkinsonprävalenz beobachtet, bei LandwirtInnen mit der längsten Expositionszeit war die Assoziation am größten. Daher kamen die AutorInnen der Studie zu dem Schluss, dass die vorliegenden Daten ein weiterer Beleg für den Zusammenhang zwischen Pestizidexposition und Parkinsonentstehung sind.5
Eine Metaanalyse, die von einem Paraquat-Hersteller unterstützt wurde, schlussfolgerte zwar, dass es neben dem Gebrauch von Pestiziden in der Landwirtschaft auch beim Wohnen im ländlichen Raum oder beim Konsum von Brunnenwasser Risikofaktoren geben könnte, die eine Parkinsonentstehung kausal begünstigen.2 Laut der Studie seien solche Faktoren bisher aber noch nicht bekannt, stattdessen fordern sie Verbesserungen im Studiendesign für zukünftige epidemiologische Studien.2 FazitWas also sind die Konsequenzen dieser – sich teils widersprechenden – Erkenntnisse in der landwirtschaftlichen Praxis und in der Politik? Die EU hat bereits den Einsatz zahlreicher Pestizide verboten.6 Hergestellt und in andere Länder exportiert werden dürfen einige aber bisher trotzdem.6 Was die LandwirtInnen angeht, wird Parkinson in Frankreich bereits seit 2012 als Berufserkrankung anerkannt.7 Die deutsche Bundesregierung prüft eine solche Anerkennung noch, eine Entscheidung wird aufgrund der wissenschaftlichen Komplexität jedoch vermutlich erst in einigen Jahren fallen.7
Referenzen
Bildnachweis: Pixabay / barskefranck