Bei einem weiteren Anstieg der Corona-Infektionen und gleichzeitiger Impfunwilligkeit vieler Menschen droht nicht nur eine vierte Welle. Auch Herzpatienten sind dann besonders gefährdet, warnen Kardiologen.
Nachdem die Infektionszahlen in den vergangenen Monaten stark gesunken waren, kommt es nun zu einem erneuten und deutlichen Anstieg der Corona-Neuinfektionen in Deutschland. Modellierungen zeigen, dass mit einem exponentiellen Wachstum und einer vierten Welle unter den Erwachsenen ab spätestens Oktober gerechnet werden muss.
Neue Varianten des Virus sowie Lockerungen im Alltag und bei Großveranstaltungen befeuern diesen Trend. Hinzu kommt, dass ein recht großer Anteil von Erwachsenen Impfangebote nicht annimmt, obwohl der Impfstoff mittlerweile in ausreichender Menge verfügbar ist.
Eine niedrige Impfquote zum Zeitpunkt einer vierten Welle birgt jedoch gerade für Patienten mit Herzkreislauferkrankungen ein großes Risiko:
Umso wichtiger, dass ein überwiegender Teil der Bevölkerung geimpft ist, bekräftigt DGK-Präsident Prof. Stephan Baldus: „Eine Impfquote von über 80 Prozent hätte einen entscheidenden Effekt auf die oben genannten Punkte und stellt aus unserer Überzeugung einen ganz wesentlichen Hebel dar, um die Prognose herz- und kreislauferkrankter Patienten in der Pandemie zu verbessern.“
Die Experten der DGK bringen daher ihre Sorge über die große Zahl der Impfunwilligen in Deutschland zum Ausdruck und bitten politische Entscheidungsträger eindringlich, umgehend aktiv zu werden. Eine intensivere Aufklärung, das Schaffen von positiven Anreizen und gleichzeitig das frühzeitige Formulieren von geplanten Einschränkungen für Nichtgeimpfte sind vielversprechende Ansätze, um die Impfquote jetzt kraftvoll zu erhöhen.
Deutschland solle ferner alle Anstrengungen unternehmen, seine Partnerländer mit niedrigem Impfstatus kurzfristig und maximal mit der Lieferung von Impfstoff zu unterstützen, um das globale Pandemiegeschehen besser einzudämmen, so die Herzmediziner weiter. Prof. Michael Böhm, Pressesprecher der DGK: „Nur auf diesem Weg werden wir es in Deutschland schaffen, die besonders gefährdeten Patientengruppen, insbesondere auch die Herzkreislauferkrankten, besser zu schützen, um in einer Phase erneut steigender Infektionszahlen Morbidität und Mortalität unserer Patienten niedrig zu halten.“
In diesem Zusammenhang nimmt die DGK auch Stellung zu dem Auftreten von Herzmuskelentzündungen bei hauptsächlich jungen Männern in den ersten 14 Tagen nach einer zweiten Impfung mit den Vakzinen von Biontech (Comirnaty®) und Moderna (Spikevax®). Dazu liegt unter anderem eine aktuelle Preprint-Studie vor, die das Auftreten einer Myokarditis nach Impfung bei 12-19 Jährigen untersucht hat. In einem aktuellen Rote-Hand-Brief war außerdem zu lesen, dass bis zum 31. Mai im europäischen Wirtschaftsraum 145 Fälle von Myokarditis bei Personen, die mit Comirnaty®, und 19 Fälle bei Personen, die mit Spikevax® geimpft wurden, festgestellt wurden. Zusätzlich traten nach der Anwendung von Comirnaty® 138 Fälle von Perikarditis auf und nach der Gabe von Spikevax® 19 Fälle.
„Auch wenn der Zusammenhang vermutlich kausal ist, müssen wir diese Zahlen ins Verhältnis zu den verabreichten Impfdosen setzen“, betont Prof. Holger Thiele, zukünftiger Präsident der DGK. Bis zum 31. Mai wurden im europäischen Wirtschaftsraum schätzungsweise 177 Millionen Dosen Comirnaty® und 20 Millionen Dosen Spikevax® verabreicht. „Sowohl die Patienten als auch wir Ärzte müssen daher wachsam sein und auf die entsprechenden Symptome achten. Dennoch kann gar nicht oft genug betont werden, dass der Nutzen der Impfung die Risiken bei weitem überwiegt“, so der Kardiologe weiter. „Herzmuskelentzündungen sind gut behandelbar. Gehen Sie daher lieber einmal zu oft in die Arztpraxis oder ins Krankenhaus als einmal zu wenig.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung. Die genannten Originalpublikationen haben wir euch im Text verlinkt.
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