Der Stoffwechsel des Zebrafisches offenbart spannende Erkenntnisse zur Entstehung von Diabetes. Lest hier, welche Rolle reaktive Aldehyde wie Acrolein dabei spielen.
Der Mexikanische Tetra (Astyanax mexicanus), auch Höhlensalmler genannt, speichert nach periodischer Nahrungsaufnahme Glukose im Blut, um so längere Phasen eines Nahrungsmangels zu überstehen. Prof. Jens Kroll vom European Center for Angioscience der Universität Heidelberg konnte in den vergangenen Jahren zeigen, dass Fische auch, wie der Mensch, Diabetes-induzierte Organschäden ausbilden können. Die Forscher erhoffen sich von den Fischen Antworten auf die Frage, wie diese entstehen.
Für seine Forschung nutzt Kroll genetisch veränderte Zebrafische (Danio rerio) mit spezifischen Änderungen im Glukose- und Insulinstoffwechsel, die auch beim Menschen Diabetes verursachen. Diese Zebrafische zeigen die typischen Veränderungen in den Blutgefäßen, Augen und Nieren, wie sie häufig in diabetischen Patienten beobachtet werden. Die als diabetische Retinopathie und diabetische Nephropathie bezeichneten Krankheitsbilder gehören zu den mikrovaskulären Folgeschäden der Diabeteserkrankung. Sie können bis zur Erblindung und Dialysepflicht führen.
Auf ihrer Suche nach molekularen Schaltern im Stoffwechsel des Zebrafischs, die sich möglicherweise zur Diagnostik und für neue Diabetes-Therapien nutzen lassen, haben die Wissenschaftler nun einen Schutzmechanismus entdeckt, der, wenn er ausgehebelt wird, beim Fisch die gleichen Folgen zeigt wie Typ-2-Diabetes im Patienten.
Neben den klassischen Risikofaktoren der Diabeteserkrankung wie Bewegungsmangel, falsche Ernährung und das Alter, steht im Zentrum der Forschung von Kroll der Metabolismus. Hier wurde in den letzten Jahren gezeigt, dass eine Reihe von ungewollten und zum Teil problematischen Verbindungen entstehen, die im Organismus die Funktion der Proteine, Fette und der DNA verändern können, was längerfristig zu verschiedenen Erkrankungen, und eben auch zu Diabetes, führen kann. Zu diesen Verbindungen gehören auch reaktive Aldehyde, die aufgrund ihrer chemischen Struktur sehr reaktionsfreudig sind.
Um diese im Stoffwechsel gebildeten Aldehyde schnell abbauen zu können, hat der Körper vielfältige Schutzmechanismen entwickelt. Was aber passiert, wenn diese Schutzmechanismen ausfallen? Genau diese Frage hat Kroll mit seinem Team untersucht. Die Wissenschaftler deaktivierten im Zebrafisch ein Enzym (Akr1a1a), das im Normalfall das Aldehyd Acrolein unschädlich macht. Die Fische zeigten daraufhin erhöhte Mengen an Acrolein und entwickelten Diabetes sowie diabetische Organschäden in Augen und Nieren. Als Ursache zeigte sich eine Insulinresistenz, wie sie genauso auch bei Typ-2-Diabetes in diabetischen Patienten auftritt. Die Arbeiten sind aktuell in Advanced Science publiziert.
„Diese Erkenntnisse erweitern unser Verständnis zur Entstehung der Diabeteserkrankung wesentlich“, so Kroll. Sie zeigen, dass neben den klassischen Risikofaktoren Veränderungen im Metabolismus eine zentrale Ursache für die Entstehung von Diabetes sind.
Ob sich die reaktiven Aldehyde als Biomarker zur Vorhersage der Entstehung eines Diabetes und der späteren Ausprägung diabetischer Organschäden eignen, ist eine der Fragestellungen, denen Kroll mit seinem Team nachgehen wird. Darüber hinaus wollen sie aufklären, was einen Ausfall der Schutzsysteme bewirken kann und ob die Schutzsysteme oder auch die reaktiven Aldehyde Ansatzpunkte zur Prävention und Therapie des Diabetes und seiner Folgeerkrankungen sein können.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universitätsmedizin Mannheim. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Sebastian Pena Lambarri, Unsplash