Allergische Reaktionen, sogar Anaphylaxien, kommen bei Impfungen durchaus vor, auch bei den COVID-19-Impfstoffen von Biontech und Moderna. Aber wie sieht das tatsächliche Risiko aus und was ist in solchen Fällen zu tun?
Die Häufigkeit von anaphylaktischen Reaktionen nach einer COVID-19-Impfung wird vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) mit 0,4 bis 11,8 pro 1 Millionen Impfdosen angegeben. Während in den Zulassungsstudien der Impfstoffe von Moderna, Pfizer/Biontech und AstraZeneca keine Anaphylaxien beobachtet wurden, wurden seit Impfbeginn in Deutschland, Großbritannien und den USA Fälle von schweren Überempfindlichkeitsreaktionen für alle drei Kandidaten dokumentiert. Das PEI weist allerdings darauf hin, dass alleine in Deutschland in kurzer Zeit bereits eine deutlich höhere Anzahl an Menschen geimpft wurde, als in den Studien zur Zulassung.
Eine US-amerikanische Studie beschäftigte sich jetzt mit der Frage, wie sicher die Verabreichung einer Zweitdosis bei einer vorangegangenen allergischen Reaktion auf die Erstdosis ist.
Es handelt sich um eine multizentrische und retrospektive Studie, die 189 Patienten umfasst, die nach Erhalt eines COVID-19-Impfstoffs von Pfizer/Biontech oder Moderna eine direkte allergische Reaktion aufwiesen. Untersucht wurde dabei die Toleranz gegenüber der zweiten Dosis, die entweder als „keine direkten Symptome nach Erhalt des Impfstoffs“ oder als „Symptome, die mild, selbstlimitierend oder mit Antihistaminika allein abgeklungen waren“ definiert wurde.
Die am häufigsten berichteten Erstdosis-Reaktionen waren Erytheme (28 Prozent), Schwindel (26 Prozent), Kribbeln (24 Prozent), Anspannung im Hals (22 Prozent), Nesselsucht (21 Prozent) oder Atemnot (21 Prozent). 17 Prozent der Probanden erfüllten dabei die Kriterien für Anaphylaxie. Etwa 84 Prozent der Probanden erhielten eine zweite Dosis, wovon 30 Prozent vorbeugend Antihistaminika erhielten. Alle 159 Probanden, einschließlich der 19 Patienten mit einer Erstdosis-Anaphylaxie, tolerierten die zweite Dosis. 20 Prozent der Probanden berichteten über direkte und potenziell allergische Symptome, die mit der zweiten Dosis assoziiert wurden, dabei waren diese selbstlimitierend, mild oder wurden durch Antihistaminika allein gelöst.
Laut Autoren unterstützen die Ergebnisse die Impfsicherheit der mRNA-Impfstoffe bei Patienten, die eine direkte und potenziell allergische Reaktion auf die Erstdosis aufwiesen. Zudem weisen die Forscher darauf hin, dass die anfängliche Reaktion auf die Erstdosis nicht immer tatsächliche allergische Reaktionen sind oder einen allergischen, aber nicht durch Immunglobulin E vermittelten Mechanismus unterstützen, bei dem die Symptome durch Prämedikation gelindert werden können.
Auch wenn die Daten einen Erhalt einer zweiten Dosis nach einer allergischen Reaktion auf die erste Dosis unterstützen, ist auch diese Studie limitiert. Einerseits sind die Gruppen ungleich gewichtet, da etwa 86 Prozent der Probanden weiblich waren und etwa zwei Drittel der Probanden mit dem Impfstoff von Pfizer/Biontech geimpft wurden. Zudem gibt es keine vergleichende Kontrollgruppe, keine immunologischen Untersuchungen und dazu eine recht kleine Stichprobengröße. Somit kann aus diesen Daten lediglich eine Tendenz abgelesen werden, die bei einer allergischen Reaktion auf eine Dosis der mRNA-Impfstoffe Sicherheit zur Verabreichung einer zweiten Dosis gibt.
Das PEI hat bis einschließlich dem 12. März auf Basis von 8,9 Millionen Impfungen insgesamt 99 Verdachtsfälle aus Deutschland gemäß der international anerkannten Anaphylaxie-Definition der Brighton Collaboration mit den Leveln 1 bis 3 der diagnostischen Sicherheit bewertet. Insgesamt ging von den mRNA-Impfstoffen kein generell erhöhtes Risiko für schwerwiegende unerwünschte Wirkungen für Personen mit bekannten Erkrankungen aus dem atopisch-allergischen Formenkreis aus.
Bisher ist jedoch unklar, welche Impfstoffkomponenten für die gemeldeten Anaphylaxien verantwortlich sind. Das Robert-Koch-Institut hat in enger Zusammenarbeit mit dem PEI und deutschen allergologischen Fachgesellschaften Deutschlands eine Empfehlung zum Vorgehen bei positiver Allergieanamnese vor COVID-19-mRNA-Impfungen veröffentlicht.
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