Seit Einführung des AMNOG freuen sich Krankenversicherungen über riesige Einsparungen. Es geht aber nicht nur um ökonomische Aspekte. Und so kritisieren Health Professionals, Ärzte würden Präparate häufig nicht anhand des pharmazeutischen Mehrwerts auswählen.
Allein im Januar 2015 haben gesetzliche Krankenkassen durch Zwangsrabatte 238 Millionen Euro eingespart. Das berichtet jetzt IMS Health. Entsprechende Summen kommen aus öffentlichen Apotheken, aber auch von Herstellern. Schwankungen gehen primär auf politische Rahmenbedingungen zurück. Zwischen Januar und März 2014 zahlten Firmen sechs Prozent Herstellerabschlag. Anschließend stieg dieser Obolus auf sieben Prozent. Öffentliche Apotheken müssen seit Januar 1,77 Euro abdrücken – zuvor waren es noch 1,80 Euro.
Damit nicht genug: Besonders wichtig ist der Paragraph 120b des V. Sozialgesetzbuchs („Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmern über Erstattungsbeträge für Arzneimittel“). Verhandlungen des GKV-Spitzenverbands mit Herstellern spülten im Januar 2013 rund 20 Millionen Euro in die Kassen gesetzlicher Versicherungen. Zwölf Monate später waren es bereits 48 Millionen. Ökonomen rechnen mit einem weiteren Anstieg.
Schön und gut – nur verfolgen Gesundheitspolitiker mit dem AMNOG noch ganz andere Pläne. Haben Arzneistoffe tatsächlich einen Mehrwert, sollen geeignete Patientenkollektive davon profitieren. So viel zur Theorie. Im AMNOG-Report der DAK-Gesundheit ist jetzt von eklatanten Problemen die Rede. Die Studie berücksichtigt 58 Pharmaka und 64 Verfahren im Zeitraum bis 2013. Ärzte verordneten häufig Präparate ohne erkennbaren Mehrwert. Bestes Beispiel ist Fampridin (Handelsname Fampyra®), ein Medikament gegen Multiple Sklerose. Der Umsatz verzehnfachte sich in den beiden Jahren nach der frühen Nutzenbewertung, obwohl sich kein Zusatznutzen feststellen ließ.
Forschende Arzneimittelhersteller weisen noch auf einen anderen Aspekt hin. Dazu Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des vfa: „Unterversorgungsquoten von bis zu 90 Prozent bei Medikamenten, die das AMNOG-Verfahren durchlaufen haben, sind nicht tolerabel.“ Der tatsächliche Zugang zu neuen, innovativen Arzneimitteln stünde offensichtlich bislang unzureichend im Fokus der Steuerungsinstrumente der Gesundheitspolitik. „Hier dominierte eine einseitige Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kostendämpfung“, ergänzt Fischer. Jetzt ist es an der Zeit, Lösungen zu finden. Eine Möglichkeit: bessere Informationen für Ärzte, um das Verschreibungsverhalten evidenzbasiert zu beeinflussen.