Mehr als 30 Jahre nach der Entdeckung von HIV fehlen immer noch kausale Therapien oder Impfstoffe. Forscher experimentieren jetzt mit Breitband-Antikörpern. Davon profitieren Patienten zumindest in frühen Stadien. Bringen neue Experimente frischen Wind in die Labors?
Bei HIV-Infektionen setzen Ärzte heute auf die hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART), verbunden mit etlichen Nebenwirkungen und hohen Kosten. Grund genug, neue Wege zu gehen. Dabei machten sich Forscher eine bekannte Erkenntnis zunutze. Seit einigen Jahren wissen sie, dass manche Patienten nach längerer Zeit Breitband-Antikörper gegen HI-Viren entwickeln. Aufgrund der genetischen Variabilität des Virus bleiben die Proteine jedoch in späten Stadien wirkungslos.
Die neue Idee: Bereits relativ früh und in hoher Dosierung appliziert, könnten Breitband-Antikörper vielleicht den gewünschten Effekt zeigen. Ein internationales Wissenschaftler-Team wies jetzt nach, dass breit neutralisierende Antikörper die Zahl an HI-Viren im Blut infizierter Personen deutlich reduzierten. Bei der Studie erhielten zehn gesunde und 17 HIV-Infizierte den Breitband-Antikörper 3BN117. Besagtes Protein ist bei 195 von 237 HIV-Stämmen aktiv. Es richtet sich gegen Strukturen der Virushülle – und verhindert, dass Pathogene in unseren Körper gelangen.
Zu den Ergebnissen: Nur hohe Dosierungen des Antikörpers führten zu den erwünschten Plasmaspiegeln. Die Viruslast verringerte sich teilweise um das bis zu 300fache – und blieb in Einzelfällen unter der Nachweisgrenze. Allerdings lassen Resistenzen auch hier den Spiegel wieder ansteigen. Eine mögliche Strategie wäre, verschiedene Antikörper einzusetzen, um hier gegenzusteuern.
Obwohl die Arbeit momentan nur Aussagen zum prinzipiellen Einsatz von Antikörpern erlaubt, haben Wissenschaftler große Pläne. Ihre Arbeiten könnten neue Impulse für die Impfstoffforschung liefern: Wie gelingt es, dass unser Immunsystem möglichst rasch Breitband-Antikörper bildet? Der zweite Aspekt zielt eher auf eine theoretisch mögliche Heilung ab. Um HI-Viren vollständig aus Reservoiren zu locken und zu eliminieren, wäre die Kombination von Antikörpern mit antiretroviralen Medikamenten denkbar. Weitere Untersuchungen versprechen spannende Erkenntnisse.