Eine Wiener Studentin überquerte im Ruderboot den Atlantik. Ihre Herzfrequenz wurde dabei laufend gemessen – diese Daten helfen nun, Extrembelastungen besser zu verstehen.
Nicht nur am rechten Fleck, sondern auch im richtigen Parameterbereich muss man das Herz haben, wenn man sportliche Höchstleistungen bringen will. Studentin Ciara Burns überquerte in einem Ruderboot als Teil eines zwölfköpfigen Teams den Atlantik – in 42 Tagen, 2 Stunden und 30 Minuten. Während der gesamten Reise überwachte sie mit Hilfe eines Spezialsensors ihre Herzfrequenz, um so das Verhalten des Körpers unter Extrembedingungen zu untersuchen.
Die Daten wurden nun ausgewertet und zeigen: Der tatsächliche physische Zustand und die subjektive Selbsteinschätzung stimmen nicht immer überein.
Dass die Herzfrequenz steigt, wenn man sich anstrengt, ist klar. Doch auch die zeitlichen Schwankungen der Herzrhythmus, die Herzfrequenzvariabilität, geben interessante Auskünfte über den physischen Zustand des Körpers.
„Im Schlaf ist die Variabilität der Herzfrequenz normalerweise deutlich erhöht, als Zeichen der regulatorischen Fitness und somit auch der Regeneration im Schlaf“, sagt Prof. Eugenijus Kaniusas. Er leitet die Forschungsgruppe Biomedical Sensing und hat das Projekt wissenschaftlich begleitet. „Ein großer Unterschied in der Herzfrequenzvariabilität zwischen Schlafphasen und Wachphasen deutet darauf hin, dass sich der Körper während des Schlafs gut regeneriert.“ In guten Phasen kann die Variabilität im Schlaf doppelt so groß sein wie in Wachphasen. Ist der Schlaf nicht besonders erholsam, liegt sie manchmal nur bei 110 % des Wachphasen-Niveaus.
Burns und die anderen Mitglieder des Ruderteams lebten während ihrer Ozeanüberquerung in einem sehr ungewöhnlichen Schlaf-Wach-Rhythmus. Rund um die Uhr war immer eine Hälfte des Teams mit Rudern beschäftigt, die andere schlief. Alle drei Stunden wechselten die Studenten sich ab. „Dieser rasche Wechsel von Schlaf- und Wachphasen hatte sich schon vorher bei anderen Atlantiküberquerungen als sinnvoll herausgestellt“, sagt Burns. „Geplant war ursprünglich, alle zwei Stunden zu wechseln, wir einigten uns dann aber rasch auf einen Drei-Stunden-Rhythmus.“
Die spannende Frage ist nun: Wie kommt der Körper mit der Kombination aus physischer Extrembelastung und unnatürlichem Schlafrhythmus zurecht? Burns zeichnete nicht nur mit elektronischen Spezialgeräten ihre Herzfrequenz auf, sie dokumentierte auch Tag für Tag ihr subjektives Wohlbefinden anhand eines Fragebogens.
„Es gab drei Phasen, in denen es besonders herausfordernd war“, berichtet Burns. „Zu Beginn natürlich, wenn man sich an die Anstrengung und den neuen Rhythmus erst gewöhnen muss. Dann etwa in der Mitte der Reise, als mir bewusst wurde, wie groß der Atlantik in Wahrheit ist und wie lange die zweite Hälfte noch dauern wird. Zu dieser Zeit war auch wetterbedingt das Rudern besonders mühsam, weil es praktisch windstill war. Und ganz am Ende war es dann noch einmal schwierig, als das Ziel zwar schon nah, aber noch nicht so wirklich greifbar war.“
Die Analysen zeigen: Das subjektive Empfinden stimmt mit den physiologischen Messdaten nicht exakt überein. „Offenbar hat das subjektive Gefühl mehr mit der Änderung der Regenerationsfähigkeit zu tun als mit der Regenerationsfähigkeit selbst“, sagt Kaniusas. Burns fühlte sich eher schlecht, wenn sich die Daten verschlechterten – aber nicht unbedingt in den Phasen, in denen die Daten am schlechtesten waren. Solche Messungen sollen in Zukunft dabei helfen, Extrembelastungen auf körperverträglichere Weise zu planen und die Tiefs im Befinden zu mildern.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Technischen Universität Wien.
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