Ein neuronaler Rückmeldemechanismus verändert Nervenzellen auf molekularer Ebene, wenn sie über längere Zeit hin Licht ausgesetzt sind. Eine gezielte Förderung dieser Eigenschaft könnte dazu dienen, Nervenzellen vor Degeneration und dem Zelltod zu bewahren.
Veränderungen in den Verbindungsstellen von Neuronen tragen zu unserer Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen bei. Forscher haben jetzt mehr Einzelheiten zu den Wirkungsweisen der synaptischen Plastizität aufgedeckt. „Diese synaptischen Veränderungen könnten eine angeborene neuronale Eigenschaft darstellen, die vor übermäßigen Reizen schützt“, erklärt Dr. Atsushi Sugie, Erstautor der Studie und PostDoc am DZNE. „Die gezielte Förderung dieser Eigenschaft könnte Neurone vor Degeneration oder Zelltod schützen.“ Vorangegangene Studien ließen bisher vermuten, dass die Funktion der Synapsen durch Änderungen in der sogenannten „aktiven Zone“, einem Bereich der präsynaptischen Membran, gesteuert wird. Die Forscher haben lebende Taufliegen unterschiedlichen Lichtbedingungen (Dauerlicht, konstante Dunkelheit oder 12 Stunden Licht mit 12 Stunden Dunkelheit) ausgesetzt und die aktiven Zonen ihrer Photorezeptoren verglichen. Um eine Degeneration der Netzhaut zu vermeiden, war das Licht leicht gedämpft. Die schematische Darstellung des Seh-Systems der Drosophila-Fliege zeigt, wie die Axone der Fotorezeptorneurone Synapsen mit den Neuronen des Gehirns formen. Wenn Fliegen drei Tage natürlichem Licht dauerhaft ausgesetzt sind, verringert sich die Anzahl der Synapsen. Dies lässt vermuten, dass das neuronale Netzwerk auf Veränderungen in der Umgebung, z.B. Veränderungen in Lichtverhältnissen, mit plastischen Veränderungen, wie eine Reduzierung der Anzahl an Verbindungen, reagiert. Diese Forschungsarbeit demonstriert, dass das Rückkoppelungssignal durch die Sekretion des Proteins Wnt benötigt wird, um Synaptische Veränderungen hervorzurufen. © Prof. Dr. Takashi Suzuki/ TokyoTech Die präsynaptische Membran bildet T-förmige Strukturen, an denen Synaptische Vesikeln binden. Diese enthalten einen Neurotransmitter, der an die postsynaptische Nervenzelle übertragen wird. Anhand markierter Proteine, die für die T-förmige Struktur ausschlaggebend ist, konnte gezeigt werden, dass manche Proteine der aktiven Zone abnahmen, während andere unverändert blieben. Darüber hinaus fanden sie heraus, dass parallel zum Verlust dieser Strukturproteine auch die Anzahl der T-förmigen Strukturen abnahm. Eine 3D–Rekonstruktion des optischen Ganglions von Drosophila. Die Photorezeptoraxone (in blau) verlaufen abwärts, um Verbindungen mit Gehirnneuronen zu formen. Das grün markierte Protein Bruchpilot, das Teil der Aktiven Zone ist, kennzeichnet die synaptischen Verbindungen der Photorezeptoren. © Dr. Atsushi Sugie/ DZNE Die Forscher identifizierten einen Rückmeldemechanismus, der für diese Veränderungen verantwortlich ist und auf dem Signalprotein Wnt beruht. Somit tragen die Ergebnisse zu einem besseren Verständnis molekularer Mechanismen bei, denen plastische Hirnfunktionen wie Lernen und Gedächtnis zugrunde liegen. Zukünftige Arbeiten werden sich der Fragestellung widmen, wie die Modifizierung des Wnt-Signals zur Veränderung der synaptischen Plastizität beiträgt mit möglichen therapeutischen Anwendungen für neurodegenerative oder Geisteskrankheiten. Originalpublikation: Molecular Remodelling of the Presynaptic Active Zone of Drosophila Photoreceptors via Activity-Dependent Feedback Atsushi Sugie et al.; Neuron, doi: 10.1016/j.neuron.2015.03.046; 2015