In gleich zwei Projekten geht es Corona weiter an den Kragen. Ein Ansatz erforscht die gezielte Genregulierung des Virus, der andere soll ein für die Virusvermehrung wichtiges Virenprotein blockieren.
Mit kleinen Wirkstoff-Molekülen wollen Forscher der Goethe-Universität in Kooperation mit weiteren Institutionen SARS-CoV-2 lahmlegen. Kleine Moleküle werden in der Wirkstoffforschung häufig eingesetzt, weil sie leichter in menschliche Zellen eindringen können als große Moleküle und weil sie verhältnismäßig leicht zu synthetisieren sind. Ist eine potenzielle Zielstruktur – etwa eines Virus – bekannt, lassen sich ganze Bibliotheken solcher kleinen Moleküle durchsuchen, um die Kandidaten zu identifizieren, die an die Zielstruktur binden.
Das Projekt Target-RNA-antiV setzt bei der Wirkstoffsuche direkt am viralen Erbgut RNA an. Dabei bauen Prof. Maike Windbergs und Prof. Harald Schwalbe und Dr. Julia Weigand auf Arbeiten des internationalen COVID-19-NMR-Konsortiums auf, das im Genom von SARS-CoV-2 insgesamt 15 Steuerungselements identifiziert hat. Mit deren Hilfe dirigiert das Virus den Infektionsablauf in der menschlichen Zelle.
Eines dieser Steuerungselemente steht im Fokus von Target-RNA-antiV. Es handelt sich um eine Art Schalter, mit dem das Virus aus demselben Stück Erbgut zwei verschiedene Virusproteine herstellen kann (RNA-Pseudoknotenlement). Die Wissenschaftler werden kleine Moleküle suchen, die diesen Schalter blockieren, sodass das Virus eine Reihe wichtiger Proteine nicht mehr herstellen kann. Vielversprechende Wirkstoffkandidaten sollen dann als Spray auf 3D-Zellkulturmodellen der menschlichen Lunge gesprüht werden, um die potenzielle Anwendbarkeit als Therapeutikum zu testen.
Das Projekt CoVmacro konzentriert sich auf das Virenprotein nsP3, mit dessen Hilfe SARS-CoV-2 unter anderem die zelluläre Abwehrreaktion unterbindet. Dass ein bestimmter Teil von nsP3, die sogenannte Makrodomäne, ein Angriffspunkt für Medikamente sein kann, hatten bereits frühere Arbeiten zeigen können. Mithilfe der Makrodomäne sorgt das Virus dafür, dass es Zellen nicht mehr gelingt, Signalwege zu Stress- und Abwehrreaktionen zu aktivieren. Biochemisch verhindert die virale Makrodomäne, dass der Zucker ADP-Ribose an entsprechende zelluläre Signalproteinen angehängt wird, um die Signalkette zu aktivieren.
Prof. Stefan Knapp sucht gemeinsam mit seinem Team nach kleinen Molekülen, die die virale Makrodomäne hemmen und damit die zelleigene Abwehr stärken können. Da die Makrodomäne bei vielen anderen Coronaviren, bei Hepatitis-E-Viren und Alphaviren wie dem Chikungunya-Virus sehr ähnlich aufgebaut ist, könnten mögliche Therapieansätze auf bei anderen Viruserkrankungen greifen.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Die erwähnten Arbeiten haben wir euch im Text verlinkt.
Bildquelle: Fusion Medical Animation, unsplash