Nicht alle körperlichen Beschwerden unserer Kunden lassen sich auf die Corona-Impfung zurückführen. Hier eine Übersicht der Impfreaktionen, die ihr kennen solltet.
Wer kennt es nicht? Viele Kunden schieben all ihre akut aufgetretenen Erkrankungen auf die zuvor erhaltene Coronaimpfung. Wer jetzt nach über einem Jahr einmal wieder erkältet ist, der ist sich sicher, dass da nur die Astra-Impfung schuld daran sein kann, und nicht die vermehrten sozialen Kontakte, die nun nach der Impfung wieder wahrgenommen werden. Doch es gibt tatsächlich einige – auch schwerwiegende – Nebenwirkungen, die ursächlich mit der Impfung zusammenhängen können. Welche das sind, wann sie auftreten und woran man sie im Apothekenalltag erkennt, habe ich euch zusammengefasst.
Die häufiger auftretenden Nebenwirkungen der Coronaimpfungen, die mehr als eine von zehn geimpften Personen betreffen, kennt man von anderen Impfungen auch. Beschwerden wie auftretende Rötungen, Schwellungen oder Schmerzen an der Impfstelle sind genauso bekannt wie allgemeines Unwohlsein, Müdigkeit, Fieber, Schüttelfrost, Durchfall, Kopf-, Gelenk- und Gliederschmerzen, Hautausschläge oder Schwellungen der Lymphknoten. Hat sich das Immunsystem mit dem Impfstoff auseinandergesetzt, dann klingen diese Beschwerden spätestens nach ein paar Tagen ab.
Natürlich kommt auch immer wieder die Frage auf, ob man nicht vorsorglich etwas gegen das Entstehen von Nebenwirkungen tun kann. In der Apotheke kommen häufig auch Kunden vorbei, die – angeblich sogar nach ärztlichem Ratschlag – vorsorglich gegen diese Allgemeinbeschwerden Paracetamol oder Ibuprofen einnehmen möchten. Davon wird in einer Studie aus Kanada explizit abgeraten. Da Paracetamol, wie auch nicht-steroidale Antiphlogistika, die Prostaglandinsynthese unterdrücken, könnte die Höhe des Impftiters bei zeitgleicher Gabe der Impfung ebenfalls reduziert werden. In der Beratung bedeutet das, dass der Kunde frühestens 6 Stunden nach der Impfung einen solchen Prostaglandinsynthesehemmer einnehmen sollte, um die optimale Impfantwort seines Immunsystems nicht zu gefährden.
Mit anderen Worten: Gleichzeitig mit der Impfung sollte man nichts davon prophylaktisch einnehmen. Schön fand ich eine Idee einer benachbarten Hausarztpraxis, die ihren Patienten direkt bei der Impfung einen Traubenzucker zum lutschen mitgab. Einige unserer Kunden schwören darauf, dass dieser Traubenzucker das Auftreten einer Nebenwirkung unterdrückt haben soll. Den Placeboeffekt auf diese harmlose Art zu nutzen ist eine sehr clevere Idee.
Kommen wir nun zu den schwerwiegenderen Nebenwirkungen, die bisher bekannt geworden sind:
Impfstoff
Nebenwirkung
Symptome
Vaxzevria1
(AstraZeneca)
Thrombosen-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS):
- Sehr seltene Erkrankung (bis 1 von 10.000 Geimpften)
- Blutgerinnsel treten gleichzeitig mit einem niedrigen Blutplättchenspiegel (Thrombozytopenie) zusammen mit Blutungen auf
- einige schwere Fälle mit Blutgerinnseln an unterschiedlichen oder ungewöhnlichen Stellen (z. B. Hirn, Darm, Leber, Milz)
- übermäßige Gerinnung oder Blutungen im gesamten Körper
Kapillarlecksyndrom (CLS):
CLS ist eine schwerwiegende, potenziell tödliche Erkrankung, bei der Flüssigkeit aus kleinen Blutgefäßen (Kapillaren) austritt
Angioödem:
eine akut auftretende und 1 bis 7 Tage andauernde Schwellung (Ödem) der Haut, die an beliebigen Körperstellen auftreten kann.
Guillain-Barré-Syndrom2:
- seltene entzündliche Nervenerkrankung
- durch eine überschießende Autoimmunreaktion werden Nerven so stark geschädigt, dass sie keine Reize mehr übertragen können
treten meist innerhalb 3 Wochen nach der Impfung auf:
- Kurzatmigkeit, Brustschmerzen, Schwellungen und Schmerzen in den Beinen, anhaltende Bauchschmerzen, schwere oder anhaltende Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen, Verwirrtheit, Krampfanfälle, Veränderungen des Gemütszustands, Blutergüsse, punktförmige runde Flecken an der Impfstelle
- rasche Schwellung von Armen und Beinen
- plötzliche Gewichtszunahme
- Schwächegefühl (niedriger Blutdruck)
- auftretende Schwellung unter der Haut in Bereichen wie z. B. Gesicht, Lippen, Mund und Rachen (die zu Schluck- oder Atembeschwerden führen könnte)
- erhöhtes Risiko innerhalb von 42 Tagen nach der Impfung
- Schwäche und Kribbeln oder Empfindungsverlust
- betroffen sind meist beide Beine
- breitet sich nach oben zu den Armen und dem Kopf hin aus
- seltener Beginn an den Armen oder dem Kopf und Ausbreitung hin zu den Beinen
Comirnaty3
(BioNTech)
Myokarditis (Herzmuskelentzündung) und Perikarditis (Herzbeutelentzündung):
- eine Myokarditis kann sich in einigen Fällen zu einer dilatativen Kardiomyopathie entwickeln
- bei einer Perikarditis können sich Komplikationen wie ein Perikarderguss ergeben
Facialisparese: seltene NW, sollte dringend differentialdiagnostisch untersucht werden um einen Schlaganfall auszuschließen
- treten hauptsächlich innerhalb von zwei Wochen nach der Impfung auf
- treten häufiger nach der zweiten Impfung auf
- wird häufiger bei jüngeren Männern beobachtet
- Anzeichen einer Myokarditis oder Perikarditis: Atemnot, Herzklopfen und Brustschmerzen
- tritt innerhalb von 1- 4 Tagen nach der Impfung auf
- vorübergehendes, einseitiges Herabhängen des Gesichtes
Spikevax4
(Moderna)
Myokarditis (Herzmuskelentzündung)
und Perikarditis (Herzbeutelentzündung):
siehe Comirnaty
Facialisparese: siehe Comirnaty
Gesichtsschwellungen:
- treten insbesondere dann auf, wenn zuvor kosmetische Injektionen mit Hyaluronsäurefillern im Gesichtsbereich vorgenommen wurden
COVID-19 Vaccine5
(Janssen)
siehe Vaxzevria
Guillain-Barré-Syndrom:
Wenn Patienten in der Apotheke über Nebenwirkungen in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer Coronaimpfung klagen, dann sollten diese gemeldet werden – selbst wenn es sich nur um eine geringfügige Beschwerde handelt. Nur so können alle unerwünschten Begleiterscheinungen im Sinne der Patientensicherheit transparent gemacht werden. Alle diesbezüglich relevanten Sicherheitsthemen und Materialien hat die AMK in einer Liste zusammengefasst.
Übrigens, auch wenn es von vielen Patienten in der Apotheke behauptet wird, die sich noch nicht haben impfen lassen: Alle gesundheitlichen Schäden, die im Zusammenhang mit einer Coronaimpfung auftreten, sind versichert. Das bedeutet, dass natürlich ein Anspruch auf Entschädigung besteht. Wer das nicht glauben möchte, kann die gesetzliche Grundlage hierfür in § 60 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) nachlesen.
Quellen:
1: https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/vaxzevria-previously-covid-19-vaccine-astrazeneca-epar-product-information_de.pdf
2: https://www.ema.europa.eu/en/documents/covid-19-vaccine-safety-update/covid-19-vaccine-safety-update-vaxzevria-previously-covid-19-vaccine-astrazeneca-14-july-2021_en.pdf
3: https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/comirnaty-epar-product-information_de.pdf
4: https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/spikevax-previously-covid-19-vaccine-moderna-epar-product-information_de.pdf
5: https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/covid-19-vaccine-janssen-epar-product-information_de.pdf
Bildquelle: National Cancer Institute, unsplash