Das maligne Melanom wird in seinen verschiedenen Phasen nicht immer entdeckt. Forscher entwickelten nun neue Bildgebungsagenzien, die keine halben Sachen machen – sämtliche Tumorherde sind zu sehen.
Das maligne Melanom, aufgrund der dunklen Farbe auch schwarzer Hautkrebs genannt, ist die aggressivste Form von Hautkrebs und mit stark steigender Inzidenz eine der häufigsten Tumorerkrankungen in Deutschland. Das maligne Melanom stellt bei Frauen die vierthäufigste und bei Männern die fünfthäufigste Krebserkrankung dar. Seit den 1970er Jahren hat sich die Zahl der Fälle mehr als verfünffacht.
Wird die Erkrankung im Frühstadium entdeckt, sind die Heilungschancen sehr hoch, da der Tumor operativ entfernt werden kann. Sind die Tumorherde jedoch in gesundes Gewebe eingewachsen und haben durch Absiedelung über Blut- und Lymphbahnen Metastasen gebildet, verschlechtert sich die Prognose.
Für die Auswahl der optimalen Therapie ist es von größter Wichtigkeit, das Ausmaß der Erkrankung zu kennen, also alle Tumorherde sicher zu identifizieren. Hierfür eignet sich insbesondere die Ganzkörper-Bildgebung, speziell die Positronen-Emissions-Tomographie (PET), durch die entartetes Gewebe sicher von gesundem Gewebe unterschieden werden kann. Dabei kommen radioaktiv markierte Substanzen, die Bildgebungsagenzien, zum Einsatz. Diese binden zielgerichtet an für die Tumorzellen spezifische Oberflächeneiweiße.
Beim malignen Melanom wird üblicherweise der Melanocortin-1-Rezeptor (MC1R) als Zielstruktur für den Nachweis von Tumorzellen genutzt. MC1R verleiht dem schwarzem Hautkrebs seine Farbe und ist bei der Erkrankung in sehr hoher Dichte vorhanden. Bei der Metastasierung kann dieses Oberflächeneiweiß jedoch verloren gehen, sodass dort MC1R-zielgerichtete radiomarkierte Substanzen nicht mehr binden und die entsprechenden Tumorherde nicht dargestellt werden können.
In einem Forschungsprojekt haben Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mannheim (UMM), unter der Leitung von Prof. Björn Wängler, das Problem gelöst, indem sie neue Bildgebungsagenzien entwickelten, deren radiomarkierte Moleküle an gleich zwei unterschiedliche Oberflächeneiweiße binden.
Das erste, der oben genannte MC1R, kommt vor allem auf dem ursprünglichen Tumorherd vor, das zweite vor allem auf Metastasen. Es handelt sich dabei um Integrin αvβ3, ein Oberflächeneiweiß, das insbesondere bei Metastasierung und fortschreitendem Tumorwachstum des malignen Melanoms eine wichtige Rolle spielt.
Durch die starke Bindung der neuen radioaktiven Substanzen an beide relevanten Zieleiweiße können erstmals alle Phasen der Erkrankung und sämtliche Tumorherde mit hoher Empfindlichkeit in der PET dargestellt werden.
Die Entwicklung dieser komplett neuen Substanzklasse umfasste das molekulare Design und die Etablierung eines geeigneten Reaktionsweges. Um systematisch Einflüsse verschiedener Strukturelemente auf die biologischen Eigenschaften der Substanzen ermitteln zu können, wurde der molekulare Aufbau variiert. Anschließend erfolgte die Radiomarkierung der Verbindungen mit dem Positronen-Emitter 18F, um sie mittels PET nachweisbar zu machen. Hierbei kam eine in der Arbeitsgruppe entwickelte, sogenannte SiFA-Technologie zum Einsatz, die sich besonders für die klinische Translation eignet.
Um das Potenzial der Substanzen für die Tumorbildgebung im Patienten zu ermitteln, wurden sie zunächst an Tumorzellen getestet. Die vielversprechendsten radiomarkierten Substanzen prüften die Wissenschaftler anschließend auch im Tiermodell des malignen Melanoms, um die Belastbarbarkeit des neuen Ansatzes zu belegen.
„Die neu entwickelten Verbindungen sind tatsächlich in der Lage, über beide Oberflächeneiweiße an Tumorzellen zu binden. Somit ist das Konzept der zweifach zielgerichteten Anreicherung in malignen Melanomen vollständig tragfähig“, so Wängler. Der Gruppenleiter sieht daher ein großes Potenzial, maligne Melanome mittels der neuartigen Substanzen künftig auch im Patienten in der klinischen Bildgebung darstellen zu können.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Wilhelm-Sander-Stiftung. Die entsprechende Studie findet ihr im Text und hier.
Bildquelle: Joel Filipe, unsplash