Köpfe von Neugeborenen sind im Verhältnis zum engen Geburtskanal des Beckens sehr groß. Eine Verbindung zwischen der Körpergröße, dem Kopfumfang und der Beckengestalt zeigt: Frauen mit großen Köpfen haben tendenziell ein kürzeres Kreuzbein und mehr Platz im Geburtskanal.
Als im Lauf der Hominidenevolution vor 4-5 Millionen Jahren der aufrechte Gang entstand, veränderte sich auch die Form des menschlichen Beckens. Erst nachdem der aufrechte Gang lange etabliert war, nahmen die Gehirne nach und nach an Volumen zu. Damit wurden auch die Köpfe der Neugeborenen größer. Diese mussten aber durch ein enges Becken hindurch geboren werden, das bereits an den aufrechten Gang angepasst war. Darin liegt die Ursache dieser platzmäßigen Engstelle bei der Geburt, mit der wir heute zurechtkommen müssen und die schwerwiegende Konsequenzen haben kann: Die Mortalität von Frauen in Entwicklungsländern, die bei der Geburt keinen entsprechenden Zugang zu medizinischer Versorgung haben und wo keine Kaiserschnitte durchgeführt werden können, ist nach wie vor sehr hoch. Forscher analysierten 3D Daten des menschlichen Beckens und konnten eine komplexe Verbindung zwischen der Gestalt des Beckens, der Körpergröße und dem Kopfumfang identifizieren, die dazu beiträgt, das Geburtsdilemma zu verbessern. Die Dimensionen von Kopf und Körpergröße variieren laut diesen Ergebnissen nicht unabhängig von der Gestalt des Beckens der Frauen, sondern sind damit verknüpft.
Da die Größe des menschlichen Kopfes zu einem sehr hohen Anteil genetisch bestimmt und daher erblich ist, bringen Frauen mit großen Köpfen tendenziell Neugeborene mit großen Köpfen zur Welt. „Wir fanden heraus, dass Frauen mit großen Köpfen einen Geburtskanal besitzen, der so geformt ist, dass ihn Neugeborene mit großen Köpfen leichter passieren können", erklärt Barbara Fischer, Evolutionsbiologin an der Universität Wien und an der Universität Oslo. Das Kreuzbein ist bei diesen Frauen kürzer und lässt mehr Platz im Geburtskanal, was offensichtlich für die Geburt von Vorteil ist. Der Schädel eines Neugeborenen, der bei der Geburt durch das weibliche Becken passen muss, ist im Verhältnis zum Durchmesser des Geburtskanals so groß, dass die Passage schwierig und eng ist. © Magdalena Fischer Aus der gynäkologischen Literatur ist bekannt, dass kleine Frauen im Vergleich zu großen Frauen im Durchschnitt schwierigere Geburten haben und ein höheres Risiko tragen, dass der Fötus bei der Geburt nicht durch den Geburtskanal passt. Außerdem besitzen kleine Frauen einen runderen Geburtskanal als große Frauen – eine Anpassung an den stärkeren Selektionsdruck, dem kleine Frauen ausgesetzt sind. Das individuelle Risiko für eine schwierige Geburt hängt neben genetischen Faktoren von diversen Umweltfaktoren ab. Originalpublikation: Covariation between human pelvis shape, stature, and head size alleviates the obstetric dilemma Barbara Fischer et al.; PNAS, doi: 10.1073/pnas.1420325112; 2015