Derzeit basieren Chargenprüfungen von Tetanus-Impfstoffen auf In-vivo-, also Tier-Modellen. Wissenschaftlern ist es nun gelungen, einen zellbasierten In-vitro-Test zu etablieren.
Seit bereits Säuglinge gegen bakterielle Infektionskrankheiten wie Poliomyelitis, Masern, Diphtherie und Tetanus immunisiert werden, sind die globalen Infektionszahlen deutlich zurückgegangen. Das hat dazu geführt, weltweit die Sterblichkeit von Neugeborenen und Kindern zu senken.
Tetanus ist eine schwere Erkrankung, die durch über eine Wunde erfolgende Infektion mit dem Bakterium Clostridium tetani hervorgerufen wird. Die bakteriellen Toxine greifen das Nervensystem an. Eine Infektion führt zu schmerzhaften Muskelkrämpfen und schließlich zum Tod.
Bei der Herstellung der zugelassenen Impfstoffe gegen Tetanus wird das Toxin mithilfe von Formaldehyd inaktiviert. Das so entstandene Tetanustoxoid ist das schützende Antigen in den Tetanustoxoid-Impfstoffen und für den Menschen unschädlich.
Unerlässlich bleibt aber die Prüfung jeder Impfstoffcharge auf Qualität und auf mit der Wirksamkeit korrelierende Eigenschaften im Potency-Test. Noch schreibt das Europäische Arzneibuch für viele der erforderlichen Untersuchungen Tierversuche (In-vivo-Assays) vor. Schon lange engagiert sich das Paul-Ehrlich-Institut dafür, den Einsatz von Tieren bei der experimentellen Arzneimittelprüfung – ohne Einbußen bei Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit – so gering wie möglich zu halten und entwickelt seit vielen Jahren Alternativmethoden.
Das Team um Prof. Isabelle Bekeredjian-Ding, Leiterin der Abteilung Mikrobiologie des Paul-Ehrlich-Instituts, und Dr. Olga Tichá, die Erstautorin, nutzte die Kenntnis des Mechanismus, mit dem das Immunsystem eine Immunantwort gegen Tetanustoxoid hervorruft. Dazu wurden menschliche periphere Blutleukozyten mit Tetanustoxoid-Antigenen und niedrigen Konzentrationen eines Toll-Like-Rezeptorliganden stimuliert. Nach fünf Tagen wurde die Immunantwort anhand der Produktion des von den Leukozyten sezernierten Tetanustoxoid-spezifischen Immunglobulins G (IgG) quantifiziert.
Der Machbarkeitsnachweis wurde mit gepaarten Proben von Spendern vor und nach der Impfung erbracht. Bei der Verwendung von peripheren Blutleukozyten aus Buffy Coats, die bei der Herstellung von Blutprodukten als Beiprodukt entstehen, war die spezifische Reaktion auf Tetanustoxoid bei 30 % der gespendeten Zellpräparationen reproduzierbar. Die Höhe der Tetanustoxoid-induzierten IgG-Produktion korrelierte mit einer höheren Anzahl von Gedächtnis-B-Zellen in den Leukozyten-Spenden, deren Anteil zukünftig für die Auswahl von für den In-vitro-Potency-Assay geeigneten Buffy Coats genutzt wird.
Außerdem zeigte sich, dass Tetanustoxoid-spezifisches Immunglobulin G auch nachweisbar war, wenn die Blutleukozyten mit den Wirkstoffen eines DTaP-Kombinationsimpfstoffs (Diphterie-Tetanus-azelluläre Pertussis) stimuliert wurden.
„Dieser Test stellt eine praktikable Möglichkeit dar, die spezifische Immunantwort sowohl durch Nachweis der B-Zell-Differenzierung als auch der Sekretion von Tetanustoxin-spezifischem Immunglobulin G durch Impfantigen und vollständigem Impfstoff zu überprüfen“, so das Studienfazit von Bekeredjian-Ding.
In Zukunft könnte der funktionelle Assay zusammen mit physikochemischen und immunchemischen Methoden die derzeit noch vorgeschriebenen Tierversuche bei der Chargenprüfung von Tetanustoxoid-haltigen Impfstoffen ersetzen. Dies wäre ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur tierversuchsfreien Arzneimitteltestung.
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Der Text basiert auf einer Pressemitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts.
Bildquelle: Drew Hays, unsplash