Biontechs Impfschutz vor schweren Covid-Verläufen ist auch gegen Delta sehr hoch. Was Infektionen betrifft, warnt Israel jetzt vor einem reduzierten Schutz und nennt Daten – allerdings aus einer bisher unveröffentlichten Studie.
Mehr als 90 % der COVID-19-Fälle in Israel werden mittlerweile durch die Delta Variante ausgelöst. Die Fallzahlen sind angestiegen, seit Israel am 1. Juni alle verbleibenden COVID-19-Beschränkungen aufgehoben hat. So hatte das Land am Montag einen 7-Tage-Mittelwert von 324, etwa das Doppelte der Vorwoche. Laut einer vorläufigen Studie des israelischen Gesundheitsministeriums soll der Pfizer/Biontech-Impfstoff weniger wirksam bei der Eindämmung der Verbreitung der Delta-Variante sein als bei anderen Varianten.
Demnach zeigen Daten aus dem letzten Monat, die erstmals im Nachrichtenportal Ynet veröffentlicht wurden, dass der Impfstoff zu 64 % eine Infektion der vollständig Geimpften verhindert. Dabei wurde die Wirksamkeit gegen frühere Virusstämme auf 94 % geschätzt. Jedoch soll der Impfstoff weiterhin zu 93 % gegen schwere Krankheiten und Hospitalisierungen wirksam sein.
Professor Nadav Davidovitch, der im Expertenbeirat der Regierung zu COVID-19 sitzt, warnte davor, dass die Studie auf „vorläufigen Zahlen“ zur Wirksamkeit des Impfstoffs basiere, die von den Gesundheitsbehörden kontinuierlich gesammelt wurden. „Delta ist viel ansteckender, scheint aber nicht zu so vielen schweren Krankheiten und Todesfällen zu führen, insbesondere da wir jetzt den Impfstoff haben“, fügte er hinzu.
Israel gilt weltweit als Vorreiter der Impfkampagne im Kampf gegen SARS-CoV-2, da etwa von den rund 9,3 Millionen Einwohnern etwa 59,8 % bereits vollständig geimpft sind. Dennoch entbrennt aufgrund der steigenden Fallzahlen die Diskussion über zusätzliche Beschränkungen und die Wiedereinführung des „Green Pass“ für Geimpfte, heißt es im Artikel.
Pfizer hingegen betonte, dass die israelischen Daten „vorläufig und noch nicht vollständig ausgewertet“ seien. Vorhandene Beweise, eine Kombination aus Labortests und realen Studien zeigten bereits, dass eine Impfung gegen eine Reihe von besorgniserregenden Varianten funktionierte, darunter Delta.
Auch in Großbritannien ist eine bemerkenswerte Zunahme der Fälle zu beobachten, so sei der Anteil laut PHE in der Woche bis zum 4. Juni auf 96 % der genotypisierten Fälle auf die Variante Delta zurückzuführen. Eine britische Studie schätzte diesbezüglich die Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe von Pfizer/Biontech und AstraZeneca gegen die Delta-Variante ein.
In der Studie wurde ein Test Negative Case Control (TNCC) Design verwendet, bei dem die Impfstoffwirksamkeit gegen eine symptomatische Erkrankung gegen Delta mit der der Alpha-Variante über den gleichen Zeitraum verglichen wurde. Dabei war die Wirksamkeit bei beiden Impfstoffen nach einer Impfstoffdosis gegen Delta bei etwa 33,5 %, im Vergleich betrug sie gegen Alpha etwa 51,1 %. Bei BNT162b2 verringerte sich die Dosiswirksamkeit von zwei Dosen von 93,4 % gegen Alpha auf 87,9 % gegen Delta. Für den AstraZeneca-Impfstoff wurde eine Reduktion von 66,1 % auf 59,8 % beobachtet.
Somit konnte ein klarer Effekt der Impfstoffe bestätigt werden. Laut Autoren sei die Reduktion der Impfstoffwirksamkeit beider Impfstoffe sehr gering.
An der Stelle ist zusätzlich zu betonen, dass der Anstieg der Fälle simultan zu den Aufhebungen der Beschränkungen erfolgte. Virusausbreitungen sind dynamische Prozesse, an denen viele Faktoren beteiligt sind. Meist untersuchen Studien lediglich einzelne Einflüsse.
Zwar suggerieren sowohl die israelischen als auch die britischen Daten, dass die Impfstoffe gegen die Delta-Variante vermindert wirken, jedoch betonte Ran Balicer, Vorsitzender des nationalen Expertengremiums Israels zu COVID-19, dass es „zu früh sei, um die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen die im April erstmals in Indien identifizierte Variante genau zu beurteilen“, die weltweit auf dem Vormarsch ist. Dies liege zum Teil an der insgesamt geringen Fallzahl bei vollständig Geimpften und daran, dass diese Fälle nicht gleichmäßig über die Bevölkerung verteilt sind, was die Bemühungen um Schlussfolgerungen über die Daten weiter erschwere. Die steigenden Fälle in Israel bieten lediglich „ein vorläufiges Signal“, dass der Impfstoff möglicherweise weniger wirksam ist, um leichte Erkrankungen durch die Delta-Variante zu verhindern, so Balicer.
Er fügte jedoch hinzu: „Experten bleiben zuversichtlich, dass die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen schwere Krankheiten so hoch bleiben wird, wie für die im Dezember erstmals identifizierte Alpha-Variante“.
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