Parkinson noch vor Auftreten von Symptomen im Blut nachweisen – diesem Ziel ist man nun einen Schritt näher. Eine zentrale Rolle spielen hier die MicroRNAs, wie neue Daten zeigen.
Parkinson, eine der häufigsten Nervenkrankheiten der Welt, wird meist erst spät erkannt. Dabei haben die zerstörerischen Prozesse im Körper und die Schädigung von Nervenzellen im Gehirn schon Jahre zuvor begonnen. Wenn die Betroffenen sich zunehmend langsam wie gegen einen Widerstand bewegen, ihre Muskeln steif werden und das unkontrollierbare Zittern beginnt, ist die Krankheit bereits weit fortgeschritten. Bei frühzeitiger Diagnose könnten die im Körper ablaufenden Kettenreaktionen verlangsamt, vielleicht künftig sogar gestoppt werden. Noch aber ist zu wenig über deren Ursachen und Verlauf bekannt.
Neue Erkenntnisse könnten dazu beitragen, besser zu verstehen, was genau bei Krankheiten wie Parkinson oder auch Krebs auf zellulärer Ebene im Körper passiert. Humangenetikerin Caroline Diener von der Universität des Saarlandes erforscht entscheidende Akteure in der Kettenreaktion: die MicroRNAs, Biomoleküle, die Signalwege in Zellen steuern. In ihrer Forschung arbeitet sie daran, bestimmte Muster von MicroRNA-Tätigkeit mit Zellzuständen in Verbindung zu bringen. Ziel dabei ist es, „gesunde“ und „kranke“ Zustände unterscheiden und damit erkennen zu können. Auch erforscht sie die Funktionen bestimmter MicroRNAs und sucht nach Wegen, die Zellfunktion gezielt zu manipulieren.
Ebenso wie bei Erkrankungen wie Krebs spielt auch bei Parkinson die Signalübertragung im Körper eine tragende Rolle. Um die Körperfunktionen in Gang zu halten, laufen in unserem Inneren pausenlos und millionenfach bis ins Kleinste ausgefeilte Prozesse nach festgelegtem Plan ab. Damit etwa neue Zellen gebildet oder Viren angegriffen werden, werden bestimmte Ketten von Befehlen und Signalen abgegeben – ein hochkompliziertes Zusammenspiel vieler Protagonisten.
Zu den Hauptdarstellern hierbei gehört die mRNA, die Boten-Ribonukleinsäure: Sie gibt die genetische Information für den Aufbau von Proteinen in einer Zelle weiter. Dabei beeinflussen MicroRNAs in vielen Fällen, dass dies so funktioniert, wie es soll: „MicroRNAs haben weitreichende Auswirkungen auf zelluläre Funktionen, sie tragen entscheidend dazu bei, dass die Herstellung von Proteinen kontrolliert werden kann und spielen somit eine zentrale Rolle bei der Regulation der Genexpression“, sagt Caroline Diener. Das heißt: MicroRNAs sorgen dafür, die Menge von Proteinen innerhalb der Zelle zur regulieren.
Ändern die MicroRNAs etwas an diesen Expressions-Prozessen, dann hat das große Auswirkungen: So können MicroRNA-Veränderungen etwa auch in Zusammenhang mit Erkrankungen wie Tumoren oder neurodegenerativen Erkrankungen stehen. Caroline Diener erforscht hier speziell die Rolle der T-Zellen: Diese spüren als „Killerzellen“ infizierte oder geschädigte Zellen oder auch Krebszellen auf und zerstören sie; oder sie alarmieren als „Helferzellen“ über Botenstoffe andere Immunzellen. „Es geht darum, herauszufinden, wie genau die Aktivierung der ruhenden T-Zelle reguliert wird, damit sie ihre gezielte Funktion erfüllen kann“, erklärt Caroline Diener.
Im Rahmen ihres Promotionsprojektes nahm Diener die T-Zell-Aktivität unter die Lupe, und untersuchte die Rolle von MicroRNAs. In Experimenten mit aus menschlichem Blut gewonnenen T-Zellen beobachtete sie jeweils über 24 Stunden, wie sich im Zeitverlauf die Expression von messengerRNAs und MicroRNAs änderte.
„Hierbei ist es gelungen, MicroRNAs mit deutlichen Expressionsveränderungen zu identifizieren. Bei Versuchswiederholungen und Untersuchungen mit unterschiedlichen gesunden Probanden ergab sich eine hohe Ähnlichkeit der Ergebnisse und damit eine Wiederholbarkeit, wie es für Biomarker erforderlich ist“, sagt Diener zu ihren Ergebnissen. „Es stellt sich daher die Frage, wie sich MicroRNA-Zeitverlaufsmuster im Falle einer veränderten T-Zell-Aktivität ändern und ob entsprechende Zeitverlaufsuntersuchungen genutzt werden könnten, um Hinweise auf T-Zell-gekoppelte Erkrankungen zu gewinnen“, erläutert sie.
Im nächsten Schritt will sie Zeitverlaufsstudien gezielt an T-Zellen von Menschen mit Parkinson-Erkrankungen durchführen und T-Zell-basierte Krankheitsmechanismen erforschen. „Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass bei Parkinson eine veränderte Immunfunktion zur Krankheitsentstehung beiträgt“, erklärt Diener. Gelingt ihr der Nachweis von micoRNAs mit spezifischen Mustern von Expressionsveränderungen, könnte ein wichtiger Biomarker gefunden sein, mit dem durch einfache Blutuntersuchung eine frühe Diagnose von Parkinson möglich würde.
Wenn die Abläufe und Zusammenhänge von T-Zell-Aktivität und Expressionsmustern der MicroRNAs besser verstanden werden, könnte darüber hinaus versucht werden, gezielt einzugreifen, etwa indem die T-Zell-Aktivität gefördert oder gehemmt wird, was den Weg für neuartige Therapieformen ebnen könnte.
Die Originalpublikation haben wir hier und im Text für euch verlinkt.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität des Saarlandes.
Bildquelle: sbtlneet, pixabay