Proteo-Mimetika (ProM) ahmen bestimmte Strukturmotive großer Eiweißmoleküle nach und können Zellwände durchdringen. Mittels eines derart entwickelten Wirkstoffs konnte im Labor die Ausbreitung metastasierender Brustkrebszellen gestoppt werden.
Die meisten der heutigen Medikamente zielen auf leicht erreichbare Strukturen ab – oft imitieren sie kleine körpereigene Moleküle und binden zum Beispiel an Proteine, die aus Zellen herausragen. Weniger erforscht und unzugänglicher sind dagegen die unzähligen Wechselwirkungen, die Proteine untereinander ausbilden. Gelänge es hier gezielt einzugreifen, könnte man die Entwicklung innovativer Medikamente enorm voranbringen.
Ein möglicher Durchbruch auf diesem Gebiet ist der Gruppe um Ronald Kühne am Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) mit der Entwicklung sogenannter Proteo-Mimetika gelungen. Die Moleküle imitieren ein weitverbreitetes Strukturmotiv in Proteinen, in dem die Aminosäure Prolin besonders häufig vorkommt. Sie haben dabei sogar eine höhere Affinität als ihre natürlichen Vorbilder. Die Entwicklung der ProMs begann am Computer: In Simulationen können die Wissenschaftler vorausberechnen, welche Gestalt ein hypothetisches Molekül haben wird und wie es mit einem Protein interagieren wird. Inzwischen verfügt Kühne über eine ganze Reihe von ProM-Molekülen, die sich wie Bausteine kombinieren lassen. Die Synthese gelang in der Gruppe um Hans-Günther Schmalz an der Universität zu Köln.
Was sich mit den ProM-Bausteinen bewirken lässt, dafür haben Kühne und seine Mitarbeiter nun einen ersten Beweis geliefert. Sie entwickelten daraus einen Wirkstoff, der die Zellwanderung hemmt und damit die Ausbreitung aggressiver Brustkrebszellen in Kulturgefäßen verhinderte. Der Wirkstoff namens „compound 4c“, blockiert dabei die Ausbildung von Aktinfilamenten, die bei Zellen eine ähnliche Funktion wie die Muskeln und Knochen des menschlichen Bewegungsapparates übernehmen. Am FMP werden inzwischen Tierversuche vorbereitet, um die Wirkung der Substanz auf die Tumormetastasierung zu testen. Originalpublikation: A modular toolkit to inhibit proline-rich motif–mediated protein–protein interactions Ronald Kühne et al.; PNAS, doi: 10.1073/pnas.1422054112; 2015