Bei seinem üblichen Spaziergang verspürt ein 54-Jähriger plötzlich massive Schmerzen in der linken Wade. Als er sie auch mit Schmerzmitteln nicht in den Griff bekommt, holt er ärztlichen Rat ein.
Ein 54-jähriger Mann geht – wie jeden Abend – eine kleine Runde spazieren. Doch urplötzlich bekommt er heftige Schmerzen in der rechten Wade, die sich in den nächsten Stunden weiter verstärken. Darüber hinaus bemerkt der Mann eine zunehmende Schwellung des betroffenen Beins. Doch woher nur? Er kann sich weder an ein Trauma noch an einen Tier- oder Insektenbiss erinnern, welche die Beschwerden erklären könnten. Medikamente nimmt er nicht regelmäßig und eine längere Phase der Immobilität gab es in letzter Zeit ebenfalls nicht. Vorerkrankungen? Fehlanzeige!
Zur Schmerzlinderung greift der Mann zu Codein-Paracetamol 30/500 mg und Ibuprofen 400 mg. Doch das hilft nicht wirklich, im Gegenteil: Zusätzlich verspürt er nun ein Taubheitsgefühl auf derselben Seite unterhalb des Knies. Er entscheidet sich, ärztlichen Rat einzuholen.
Den Ärzten fallen sofort die unerträglichen Schmerzen des Mannes auf. Er ist afebril mit einer Pulsrate von 85 Schlägen pro Minute und einem Blutdruck von 133/76 mmHg. Die körperliche Untersuchung ist unauffällig, die rechte Wade misst einen Umfang von 45 cm und die linke 44 cm. Der Puls der A. tibialis posterior ist palpabel und die Rekapillarisierungszeit beträgt < 2 Sekunden. Das anteriore und laterale Kompartiment scheinen jedoch prall, was insbesondere bei Zehenbewegung stärker ersichtlich wird. Eine Sensibilitätsstörung ist ebenfalls feststellbar. Doch seltsamerweise sind sowohl bei der Blutgas- als auch bei der Vollblutanalyse alle Parameter normal und aufgrund des negativen D-Dimer-Wertes erscheint eine tiefe Venenthrombose unwahrscheinlich. Doch wie lassen sich dann die unerträglichen und plötzlich aufgetretenen Schmerzen erklären?
Die Ärzte vermuten ein Kompartmentsyndrom ohne offensichtliche Ätiologie. Dies lässt sich mittels MRT-Aufnahmen bestätigen.
Sofort holen sie chirurgischen Rat ein und schnell wird klar: Es führt kein Weg an einer Notfallfasziotomie des vorderen und lateralen Kompartiments vorbei. Der postoperative klinische Verlauf ist unauffällig, der Mann kann nach 3 Tagen aus dem Krankenhaus entlassen werden.
Textquelle: © Bandapaati et al. / Journal of Medical Case ReportsBildquelle: Thom Milkovic, unsplash