Die Corona-Maßnahmen und neue Therapieansätz könnten sich auch in der Behandlung von Sepsis bezahlt machen, nehmen Experten an. Die Argumente im Überblick.
Eine Sepsis kann nicht nur durch Bakterien, sondern auch durch Viren, Pilze oder Parasiten ausgelöst werden. Aktuelle Publikationen weisen darauf hin, dass etwa 85 % der Menschen, die einen schweren COVID-19-Verlauf erleiden, auch die typischen Zeichen einer Sepsis zeigen.
„Das gemeinsame Kennzeichen einer Sepsis ist, dass eine überschießende Immunantwort des Körpers auf eine Infektion die eigenen Organe schädigt“, erklärt Konrad Reinhart, Senior Professor an der Charité. „Dies kann zu einer schweren Funktionsstörung der Lunge, der Niere, des Herz-Kreislaufsystems oder des Gerinnungssystems mit der Notwendigkeit der Behandlung auf der Intensivstation führen“, betont der Experte. „Das Versagen mehrerer lebenswichtiger Organe ist die Hauptursache für die hohen Sterberaten bei COVID-19 und Sepsis durch andere Erreger.“
Als ermutigend bezeichnet Reinhart die Tatsache, dass in einer Reihe von Studien bei schwer an COVID-19 Erkrankten die medikamentöse Hemmung des Immunsystems zu einer Reduzierung der Sterblichkeit, der Aufenthaltsdauer im Krankenhaus und der Sepsisfolgen führte. In einem Aufruf wird deshalb gefordert, die klinische Forschung auf diesem Gebiet weiter auszubauen.
Die Experten glauben, dass die innovativen Therapieansätze, die hier entwickelt wurden, sich auch als effektiv bei der Behandlung von schweren Infektionen und Sepsis aus anderen Ursachen erweisen könnten.
Überlebende von COVID-19 leiden sehr häufig und in ähnlicher Weise wie Patienten, die eine Sepsis überlebt haben, unter schwerwiegenden körperlichen, psychischen und kognitiven Langzeitfolgen. „Für diese Menschen fehlen derzeit interdisziplinäre und sektorenübergreifender Behandlungs- und Rehabilitations- sowie Forschungskonzepte, die für andere schwerwiegende Erkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt gut etabliert sind“, so Reinhart.
Die Pandemie hat deutlich gemacht, welche entscheidende Rolle Maßnahmen zur Infektionsprävention spielen. „Es ist eine der zentralen Lehren aus der Pandemie, dass für die Gewährleistung dieser Maßnahmen den politischen Entscheidungsträgern eine zentrale Rolle zukommt. Diese Erfahrung kann auch für die Bekämpfung von Sepsis aus anderen Ursachen dienen“, betont Reinhart.
Angesichts von jährlich 11 Millionen Sepsistoten pro Jahr fordern die drei Organisationen die Politik auf, das Engagement aufrechtzuerhalten. Denn auch in Deutschland ist die Sepsislast seit Jahren unverändert hoch, viele der Todesfälle gelten als vermeidbar. Die Sepsis-Stiftung fordert daher seit Jahren – im Einklang mit einer 2017 verfassten WHO-Resolution – die Einführung eines Nationalen Sepsisplans.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Sepsis-Stiftung. Zur Stellungnahme geht es hier.
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