Bei der Parkinson-Krankheit sammeln sich Lewy-Körperchen im Gehirn. Noch immer geben die Mechanismen, die zu ihrer Bildung führen, sowie ihre Struktur, Rätsel auf. Eines davon wurde jetzt entschlüsselt.
Ein internationales Forschungsteam hat im Detail die Architektur der Lewy-Körperchen entschlüsselt, die das Markenzeichen der Parkinson-Krankheit sind. Mit modernster Mikroskopietechnik machten sie die konzentrischen inneren Strukturen sichtbar, die an den Aufbau einer Zwiebel erinnern. Das Team, an dem die Gruppe um Prof. Klaus Gerwert von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) beteiligt war, liefert auch neue Hypothesen zur Bildung der Lewy-Körperchen. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Acta Neuropathologica veröffentlicht.
Bei der Parkinson-Krankheit – einer der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen – sammeln sich die Lewy-Körperchen in verschiedenen Regionen des Gehirns. Die Mechanismen, die zu ihrer Bildung führen, sowie ihre Struktur geben Rätsel auf. Einer der Hauptbestandteile der Lewy-Körperchen ist α-Synuclein, ein im menschlichen Gehirn reichlich vorhandenes Protein, das in verschiedenen Formen existiert.
Um diese Varianten im Detail zu visualisieren, nutzte das Forschungsteam verschiedene Mikroskopietechniken: die Multilabel-Immunfluoreszenz-Mikroskopie, die Super-Resolution-Mikroskopie, kurz STED, sowie die markierungsfreie CARS-Mikroskopie, kurz für Coherent Anti-Stokes Raman Scattering.
Unter Verwendung spezifischer Antikörper von Roche und Prothena Biosciences und mithilfe der genannten Mikroskopietechniken gelang es dem Team, die dreidimensionale Architektur der Lewy-Körperchen zu entschlüsseln.
Sie besitzen konzentrische, ringförmige Schichten, in denen ein Kern aus angesammelten Proteinen und Lipiden von phosphoryliertem α-Synuclein und strukturgebenden zellulären Komponenten umgeben ist. Die Bochumer Gruppe um Gerwert machte die in den α-Synuclein-Einschlüssen angesammelten Proteine und Lipide mit der CARS-Methode sichtbar. Diese Befunde legen nahe, dass Gehirnzellen die Form von Lewy-Körperchen aktiv regulieren und möglicherweise toxische Komponenten einkapseln.
Die Forscher untersuchten die α-Synuclein-Varianten nicht nur in den Lewy-Körperchen, sondern auch außerhalb davon. Sie verglichen die Verteilung der Varianten in Gehirnzellen von Spendern, die in einem frühen oder späten Stadium der Parkinson-Erkrankung verstorben waren, sowie mit gesunden Kontrollen. Dabei zeigte sich, dass sich phosphoryliertes α-Synuclein bereits in frühen Stadien der Krankheit in einem Netzwerk um den Zellkern ausrichtet – bevor sich Lewy-Körperchen bilden. Das deute darauf hin, dass eine abnorme Verteilung vor der Bildung von Lewy-Körperchen auftritt.
„Basierend auf diesen Erkenntnissen schlagen wir eine Hypothese vor, nach der Gehirnzellen Lewy-Körperchen in Situationen bilden, in denen sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Trümmer zu recyceln“, sagt Wilma van de Berg vom AUMC. „Wenn sich Lipide und Proteine ansammeln, versucht die Zelle, diese an einem speziellen Ort – vergleichbar mit einer Mülldeponie – abzusondern, den sie schließlich umformt und einkapselt, um sich vor schädlichen Bestandteilen zu schützen. Im Laufe der Zeit könnte das Vorhandensein dieser Mülldeponie die normale Biologie der Neuronen verändern und so zu Funktionsstörungen führen.“
Die Erkenntnisse über die Struktur der Lewy-Körperchen, so hoffen die Forscher, kann als Referenz für aktuelle und künftige tierische Modellsysteme der Parkinson-Krankheit dienen. Wichtig sei es nun, die neu vorgestellte Hypothese in solchen Systemen zu testen, um die Rolle der Lewy-Körperchen für die Parkinson-Krankheit besser zu verstehen – und somit neue Biomarker und Therapien entwickeln zu können.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum.
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