Alpha ist kein Problem mehr, Beta und Delta hingegen schon: Wie gut wirken Astra, Biontech, J&J und Moderna gegen die neuen Corona-Varianten? Die großen Vier im Vergleich.
Erste Befürchtungen, nach denen die Corona-Impfstoffe nicht mehr gegen die neuen Varianten wirken, konnten sich bisher zum Glück nicht bestätigen. Die gute Nachricht: Bisher existiert noch keine Variante, die sich dem Impfschutz vollständig entziehen kann – selbst nicht die neuste Variante Delta. Dennoch gibt es einige wichtige Unterschiede in der Wirksamkeit der einzelnen Impfstoffe gegen die Varianten.
Die Alpha-Variante (B.1.1.7) dominiert in Deutschland inzwischen das Infektionsgeschehen. Erste Laboruntersuchungen ließen vermuten, dass die Impfungen möglicherweise nicht so wirksam sind wie gegen die ursprüngliche Corona-Variante. Doch Real-Life-Daten und Fall-Kontroll-Studien aus allerwelt zeigen nur eine geringe Einschränkung, so etwa eine Untersuchung aus Israel.
Nach Erhalt der ersten Biontech-Impfdosis traten zwar noch Infektionen mit Alpha auf, und zwar öfter als Infektionen mit der ursprünglichen Variante. Doch nach der zweiten Dosis sei auch gegen die Alpha eine gute Schutzwirkung erzielt worden. Zuletzt zeigten Daten aus Katar, dass der Biontech-Impfstoff 14 Tage oder mehr nach der zweiten Dosis eine Wirksamkeit von 89,5 % gegen alle dokumentierten Infektionen mit der Alpha-Variante aufweist.
Die Impfung von Astrazeneca scheint laut einer Lancet-Studie weniger gut gegen Alpha zu wirken. Allerdings liegt der Schutz vor symptomatischen Erkrankungen (nicht Infektionen) nach zwei Dosen bei rund 70 %.
Auch für den Single-Shot-Impfstoff von Johnson & Johnson gibt es bereits eine große Real-World-Datenanalyse aus den USA. Hier ermittelten die Forscher ab 15 Tage nach der Impfung eine Ektivität von 76,7 %. Zum Zeitpunkt der Untersuchung dominierte in den USA die Alpha-Variante. Für Aussagen zu unterschiedlichen Schweregraden sind die Daten allerdings noch nicht umfangreich genug.
Die Beta-Variante (B.1.351), die zuerst in Südafrika entdeckt wurde, bereitet schon größere Schwierigkeiten. Der AstraZeneca-Impfstoff scheint in seiner Effektivität deutlich einzubüßen. In einer Phase-I/II-Studie hatte die Gesamtwirksamkeit über alle Schweregrade nur bei 34 % gelegen. Das Vakzin von J&J und die mRNA-Impfstoffe wirken offenbar besser.
So zeigte Biontechs Impfstoff in einer Phase-III-Studie eine Wirksamkeit von 100 % gegen durch B.1.351 verursachte COVID-19-Erkrankungen, allerdings kamen nur 800 von über 40.000 Studienteilnehmern aus Südafrika, entsprechend war nicht einmal 1 % der Infektionen in dieser Studie durch Beta verursacht.
Auch der mRNA-Impfstoff von Moderna zeigte in Laborexperimenten ausreichenden Schutz gegen die Beta-Variante. Real-Life-Daten bezüglich der Varianten gibt es bisher noch nicht. Das Unternehmen testet aber schon jetzt spezielle Booster-Impfungen, die auf den neuen Varianten basieren. In einer Phase-2-Studie konnte eine Auffrischungsimpfung die körpereigenen neutralisierenden Antikörpertiter die Beta-Variante erhöhen.
Etwas umfangreicher sind die Daten zum Vektorimpfstoff von Johnson und Johnson. Der zeigte in Einmaldosis in einer Phase-3-Studie eine Effektivität von 67 % im Vergleich zu Placebo bei moderaten bis schweren/kritischen Erkrankungen. Ein Fünftel der Studienteilnehmer kam aus Südafrika, und fast alle dort aufgetretenen Infektionen waren durch Beta verursacht. Hier betrug die Effektivität 14 Tage nach Impfung in Bezug auf moderate bis schwere/kritische Infektion 52 %, nach 28 Tagen 64 %. Wurden nur schwere Infektionen betrachtet, waren es 73 % bzw. 82 %.
Public Health England (PHE) lieferte zur Delta-Variante schon gute Nachrichten: Laut ihrer Analyse liegt die Effektivität in Bezug auf Krankenhauseinweisungen bei doppelter Impfung mit Biontech oder AstraZeneca bei über 90 Prozent – Biontech schützt demnach zu 96 Prozent, der AstraZeneca-Impfstoff zu 92 Prozent. Die Analyse umfasste 14.019 Infektionsfälle der Delta-Variante, von denen 166 ins Krankenhaus eingeliefert wurden.
Eine weitere von der PHE veröffentlichten Studie kommt für weniger schwere COVID-19-Fälle zu ähnlichen Ergebnissen. Demnach ist der Biontech-Impfstoff zwei Wochen nach der zweiten Dosis zu 88 Prozent wirksam gegen eine durch die Delta-Variante ausgelöste symptomatische COVID-19-Erkrankung, bei der Alpha-Variante sind es 93 Prozent. Das Astrazeneca-Vakzin hat demnach eine 60-prozentige Wirksamkeit gegen die Delta-Variante und eine 66-prozentige gegen die Alpha-Variante. Die Daten zum AstraZeneca Impfstoff gelten aber noch als etwas vorläufig. Die meisten erwarten, dass der Wert weiter ansteigt, denn der AstraZeneca Impfstoff gilt was den vollen Impfschutz angeht, verglichen mit den mRNA-Impfstoffen, eher als "Spätzünder".
Eine einzige Impfung bietet in jedem Fall nicht genügend Schutz. Drei Wochen nach der ersten Impfung sind beide Impfstoffe zu 33 % wirksam gegen eine symptomatische Erkrankung durch Delta, verglichen mit einer Wirksamkeit von etwa 50 % gegen Alpha.
Einer Mitteilung des Francis Crick Institutes zufolge hatten nach einer Dosis des Biontech-Impfstoffs 79 % der Geimpften quantifizierbare neutralisierende Antikörper gegen den ursprünglichen Stamm, aber nur 32 % der einmal Geimpften hatten nachweisbare neutralisierende Antikörper gegen die Delta-Variante und nur 25 % gegen die Beta-Variante. „Obwohl eine Einzeldosis immer noch deutlich mehr Schutz bietet als keine Impfung, sind Empfänger einer Einzeldosis wahrscheinlich weniger gegen diese SARS-CoV-2 Varianten geschützt“, schreiben die Forscher.
Laut einer in Nature veröffentlichten Studie zeigte der Impfstoff von Johnson & Johnson eine geringere Antikörperreaktion gegenüber den neuen Coronavirus-Varianten (allerdings nicht Delta). Die T-Zell-Antworten blieben aber „weitgehend erhalten“, so die Autoren.
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