Wirksam ja, gefragt nein. Neue Daten zeigen: Die COVID-Prophylaxe mit monoklonalen Antikörpern kann Leben retten. Mediziner scheinen aber Berührungsängste zu haben, wenn es um diese Therapieform geht.
Die Gabe von monoklonalen Antikörpern lohnt sich – und zwar in Form einer Prophylaxe, um Ausbrüche zu verhindern, wie eine JAMA-Studie mit Bamlanivimab nahelegt. Es ist einer von vier Antikörpern, die mittlerweile für die Behandlung bzw. Vorbeugung vor COVID-19 infragekommen.
An der klinischen Phase-3-Studie nahmen 966 Probanden teil. Diese setzten sich sowohl aus Personal als auch aus Bewohnern zusammen, aus Pflegeeinrichtungen, an denen es zumindest einen bestätigten SARS-CoV-2 Fall gegeben hatte. Zu Beginn der Präventionsprogramme, die von August bis November 2020 durchgeführt wurden, waren alle Teilnehmer negativ auf Corona gestestet worden.
Die Probanden wurden in zwei Gruppen randomisiert: Die eine (n = 587) erhielt Placebo, die andere (n = 588) erhielt einmalig eine intravenöse Infusion mit Bamlanivimab (4.200 mg) in Monotherapie. (Mittlerweile wird Bamlanivimab in der Regel mit Etesevimab kombiniert.) Die Inzidenz an Corona-Infektionen unter jenen Probanden, die mit Bamlanivimab behandelt wurden, betrug letztendlich 8,5 Prozent, in der Placebogruppe waren es 15,2 %.
Die zweite Studie, die für den Einsatz von Antikörpern spricht, ist der RECOVERY-Trial, dessen Vorab-Ergebnisse per Pressemeldung veröffentlicht wurden und die bereits online diskutiert werden. Hier wurden 9.785 Patienten randomisiert, von denen 3.153 seronegativ waren, also keine eigenen SARS-CoV-2-Antikörper aufgewiesen hatten. In der seronegativen Gruppe kam die Antikörper-Kombi von Regeneron (Casirivimab und Imdevimab) zum Einsatz – hier wurde eine reduzierte Sterblichkeit beobachtet (24 % vs. 30 %, RR 0.80, p = 0.001), außerdem eine reduzierte Hospitalisierungsdauer (Median 13 vs. 17 Tage). Das Risiko, eine mechanische Beatmung zu benötigen oder zu versterben, war ebenfalls reduziert (30 % vs 37 %, RR 0.83, 95 % KI 0.75–0.92).
Angesichts der Tatsache, dass gerade ältere gegen COVID-19 geimpfte Menschen schlechter vor den neuen Varianten geschützt sind als andere, stellt sich die Frage: Wie sieht es mit dem Einsatz dieser Antikörper in Deutschland aus? Im April hieß es, dass erst 1.300 der 200.000 eingekauften Antikörper-Dosen bisher Verwendung fanden. Dabei seien die Antikörper theoretisch jederzeit verfügbar, wie auch Dr. Christian Karagiannidis auf Anfrage von DocCheck betont. Anspruch auf die Therapie hat „im Prinzip jeder, der Risikofaktoren mitbringt“, bringt es der Mediziner auf den Punkt. Er ist Leiter des ARDS- und ECMO- Zentrums Köln-Merheim und wissenschaftlicher Leiter des DIVI-Intensivregisters.
Wie häufig die Therapie bislang zum Einsatz kommt? „Bisher leider zu selten. Wir haben es in Köln bei Ausbrüchen eingesetzt mit tollem Erfolg“, berichtet Karagiannidis über seine Erfahrungen mit dem Medikament.
Wie die bisherigen Daten nahelegen, ist der Zeitpunkt der Gabe von Bamlanivimab, Bamlanivimab/Etesevimab oder Casirivimab/Imdevimab entscheidend, und die Maxime lautet: so früh wie nur möglich. Das würde bedeuten, dass die ambulante Versorgung viel mehr in den Fokus rücken müsste, sodass die Verabreichung früh erfolgen könnte, um die volle Wirkung zu erzielen – und nicht erst in der Klinik. So sieht es auch Karagiannidis: „Am wichtigsten ist die schnelle Gabe, am besten an Tag 1–3.“ Und genau hier liegt die Herausforderung: „Logistisch ist das schwierig. Am besten wäre hier die Kontaktaufnahme mit Zentren und die ambulante Gabe.“
Wie ist aber der Ablauf, wenn ein Arzt beschließt, Antikörper einzusetzen? „Jeder kann die Antikörper bei den STAKOB Apotheken und ihren Satellitenapotheken abrufen. Das Präparat steht über das BMG zur Verfügung. Das PEI hat einen Überblick auf der Webseite“, erklärt der Experte. Tatsächlich interessiert das Thema in der Gruppe jener Ärzte, die qua Weiterbildung in erster Linie für Pflegeheimbewohner verantwortlich fühlen sollten, scheinbar wenige: Auf unsere Anfragen an diverse Geriater bekamen wir entweder keine Antworten oder Absagen.
Unabhängig vom Thema COVID-Prophylaxe bei Risikopatienten könnten die monoklonalen Antikörper übrigens auch für die Behandlung von Long Covid interessant werden: „Wir müssen die endgültigen Ergebnisse abwarten, aber vielleicht macht es sogar bei denen mit niedrigem Risiko Sinn, um Long Covid zu verhindern.“
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