Mittels der Proteomik wurde ein DNA-Reparaturweg umfassend analysiert: Stößt der Replikationsapparat auf DNA-Schäden, kommen ihm über 90 zusätzliche Proteine zu Hilfe, um diese zu reparieren. Wird durch diese Arbeit die Therapie spontaner Krebserkrankungen verbessert?
Pro Sekunde finden im menschlichen Körper mehrere Millionen Zellteilungen statt. Bei jeder einzelnen Teilung müssen 3,3 Milliarden DNA-Bausteine von einem Replikationsapparat kopiert und anschließend fehlerfrei auf die entstehenden Tochterzellen aufgeteilt werden. Was passiert jedoch, wenn die DNA-Vorlage beschädigt ist? Um dieser Frage nachzugehen, analysierten Wissenschaftler um Prof. Dr. Matthias Mann, welche DNA-Reparaturfaktoren hinzugezogen werden, wenn der Replikationsapparat auf DNA-Schäden stößt.
Hierfür isolierten sie zu verschiedenen Zeitpunkten während des Replikations- und Reparaturprozesses DNA und analysierten die darauf gebundenen Proteine mit Hilfe von Massenspektrometrie-basierter Proteomik. Die Arbeit stellt die erste umfassende Analyse eines komplexen DNA-Reparaturweges dar und zeigt, dass dem Replikationsapparat über 90 zusätzliche Proteine zu Hilfe eilen, um die DNA-Schäden zu überwinden. Neben bereits bekannten Proteinen konnten auch unbekannte Reparaturhelfer identifiziert werden. Welche genaue Aufgabe sie jeweils im DNA-Reparaturprozess übernehmen, wollen die Forscher noch untersuchen. „Viele dieser DNA-Reparaturfaktoren sind für die fehlerfreie Weitergabe der genetischen Informationen an die Tochterzellen unerlässlich“, erklärt Markus Räschle, Erstautor der Studie. „Defekte in den Reparaturfaktoren können Krebs begünstigen oder gar verursachen.“ Vielleicht könnten Gendefekte in den neu identifizierten Faktoren einige der noch ungeklärten Krebsveranlagungen erklären. Wenn die DNA-Replikationsmaschinerie auf Schäden trifft, werden viele DNA-Reparaturfaktoren hinzugezogen, um die Schäden zu beheben. Identifikation der beteiligten Proteine mittels Massenspektrometrie. © Markus Räschle / MPI für Biochemie
Die neuen Ergebnisse und Methoden könnten auch dazu beitragen, die Therapie von spontanen Krebserkrankungen zu verbessern. Gelingt es den Forschern die Analysemethode der Proteomik so weiterzuentwickeln, dass Ärzte sie auch in der Klinik verwenden können, würden sich ganz neue Möglichkeiten eröffnen. „Die Untersuchung der Proteinprofile direkt im Tumorgewebe könnte Ärzte bei der Suche nach der wirksamsten Behandlungsmethode unterstützen“, hofft Mann. „So könnten sie die richtige Dosierung und die optimale Medikamentenklasse finden, was letztendlich auch eine schonendere und effektivere Behandlung verspricht.“ Originalpublikation: Proteomics reveals dynamic assembly of repair complexes during bypass of DNA cross-links Markus Räschle et al.; Science, doi: 10.1126/science.1253671; 2015