Hauptziel der HPV-Impfung ist der Schutz vor Zervixkarzinomen. Eine schwedische Studie zeigt jetzt, dass die Impfung auch bei der Familienplanung wichtig ist.
Für die Erkenntnis, dass das humane Papillomvirus für Zervixkarzinome verantwortlich ist, erhielt der deutsche Mediziner Harald zu Hausen 2008 den Nobelpreis. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt seit 2007 die HPV-Impfung für Mädchen zwischen 9 und 17 Jahren. Seit 2018 sind auch die gleichaltrigen Jungs in die Impfempfehlung eingeschlossen. Bei ihnen können so Peniskarzinome und die Übertragung der Viren auf ihre Partnerinnen verhindert werden. Doch noch immer ist die Impfquote niedrig. Mehr Aufklärungskampagnen in Schulen und die gezielte Beratung in pädiatrischen, gynäkologischen und hausärztlichen Praxen sind dringend erforderlich.
Das Zervixkarzinom ist weltweit die vierthäufigste Krebserkrankung der Frau. In Deutschland hat u. a. die Krebsvorsorgeuntersuchung zu einem stetigen Rückgang der Inzidenz geführt. War das invasive Zervixkarzinom vor 30 Jahren noch das häufigste Karzinom der Frau, nimmt es aktuell Platz 13 ein. Bei der Gesamtinzidenz aller weiblichen Krebserkrankungen in Deutschland sind das 1,9 Prozent.
Diese Erfolgsgeschichte könnte in Zukunft noch weitergeschrieben werden, würden sich mehr Kinder und Jugendliche gegen HPV impfen lassen. Laut Deutschem Krebsforschungszentrum ist die Impfquote besonders im Süden Deutschlands niedrig. In Bayern und Baden-Württemberg beträgt sie bei den 15-jährigen Mädchen nur etwa 35 Prozent, in den neuen Bundesländern liegt sie bei nahezu 60 Prozent. Im Vergleich dazu melden die skandinavischen Länder und Australien Impfquoten von 80 bis 90 Prozent. In Fachkreisen wird mittlerweile auch die Impfung nach erfolgreicher Therapie von intraepithelialen Neoplasien (CIN), sogenannte Vorstufen des Zervixkarzinoms, diskutiert.
Eine HPV-Impfung schützt nicht nur gegen Zervix-, Penis- und Oropharynxkarzinomen, sondern auch gegen die zwar meist gutartigen, aber lästigen Haut- und Genitalwarzen. Sinnvoll ist eine Impfung durch den Kinder- oder Hausarzt, möglichst vor einem ersten Sexualkontakt des Impflings. Gynäkologische Patientinnen bringen gerne auch ihre Töchter zum Impfen mit in die Praxis, um so die Hemmschwelle für den ersten Besuch bei der Frauenärztin zu senken.
Wird die Impfung vor dem 14. Lebensjahr durchgeführt, sind zwei, danach drei Dosen nötig. Wurde die Impfung vor dem 18. Lebensjahr begonnen, übernehmen die Krankenkassen die Kosten. Ob eine Auffrischung nötig ist, wird weiter geprüft. Die Verträglichkeit ist allgemein sehr gut.
Erfreulicherweise haben die Einführung des Zervixkarzinom-Screenings und die anschließende Behandlung von Auffälligkeiten die Inzidenzen deutlich gesenkt. Dennoch können chirurgische Therapien, wie eine Konisation, mit einem erhöhten Risiko für Frühgeburtlichkeit und vorzeitigem Blasensprung vergesellschaftet sein. Das Risiko scheint mit der Tiefe der Exzision zu steigen.
Frauen mit unbehandelter CIN scheinen ebenfalls ein erhöhtes Risiko zu haben. Auch stellt eine alleinige HPV-Infektion während der Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt und einen vorzeitigen Blasensprung dar, wie eine großangelegte schwedische Studie nun zeigt.
Diese Studie umfasst geburtshilfliche Daten von mehr als einer Millionen Fälle und wurde in der Fachzeitschrift PLOS Medicine veröffentlicht. Sie basiert sowohl auf Datenmaterial aus dem nationalen Qualitätsregister für Zervixkarzinom-Prävention, als auch auf dem schwedischen Krebs- und Geburtenregister. Insgesamt umfasst es 1.044.023 Geburten im Zeitraum von 1999–2016. Davon waren 23.185 Frauen wegen einer CIN behandelt worden, 11.727 Frauen hatten lediglich einen positiven HPV-Status, aber keine Therapienotwendigkeit. Die Frühgeburtenrate der ersten Gruppe lag bei 9,1 Prozent, der der zweiten bei 5,9 Prozent. Die Frühgeburtenrate der HPV-negativen Referenzgruppe betrug 4,6 Prozent.
Verena Sengpiel, außerordentliche Professorin für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Universitätsklinik Sahlgrenska, erläuterte die Ergebnisse: „Unsere Studie ist registerbasiert und obwohl wir in den Analysen verschiedene Faktoren bereinigt haben, können wir die Frage, ob es das Virus selbst ist, das die Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen verursacht, nicht verlässlich beantworten. Wir können nur einen statistischen Zusammenhang aufzeigen. Bald werden wir sehen können, wie sich die Häufigkeit von Frühgeburten nach Einführung des Impfprogramms gegen HPV verändert. Das wird uns mehr Informationen darüber geben, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen einer HPV-Infektion selbst und dem geburtshilflichen Ausgang besteht.“
Die Autoren der Studie zogen folgende Bilanz: Die Studie zeigt, dass möglicherweise eine HPV-Infektion vor oder während der Schwangerschaft mit einer erhöhten Inzidenz von Frühgeburtlichkeit, vorzeitigem Blasensprung und neonataler Mortalität verbunden ist. Die vorausgegangene Behandlung einer intraepithelialen Neoplasie erhöht dieses Risiko weiterhin. Die genauen Mechanismen sind noch nicht bekannt. Postoperative Zervixverkürzungen sind eine Erklärung, aufsteigende infektiologische Vorgänge eine weitere. Diskutiert werden auch HPV-induzierte Immunmodulationen, die eine Begründung für die Erhöhung von Schwangerschaftskomplikationen bei allein HPV-positiven Schwangeren darstellen könnten.
Die Ergebnisse, so die Autoren, legen nahe, dass Schwangerschaften nach einer CIN-Behandlung als Risikoschwangerschaften angesehen und die Betroffenen entsprechend beraten werden sollten. Außerdem sehen sie in einer intensivierten HPV-Impfkampagne nicht nur die Möglichkeit, erstens das Zervixkarzinom weiter zurückzudrängen, sondern zweitens auch Schwangerschaftskomplikationen und drittens geburtshilfliche Problematiken zu minimieren. Ein vorausschauendes Handeln würde sich damit generationsübergreifend und vielfältig bewähren.
Bildquelle: Phil Hearing, Unsplash