In der Leber entstehen besonders viele Metastasen. Dabei spielen Krebs-assoziierte Fibroblasten eine wichtige Rolle. Ein Forschungsteam zeigt jetzt eine Technik, mit der diese Zellen Lebermetastasen hemmen können.
Jährlich sterben mehr als 220.000 Menschen in Deutschland an Krebs – Tendenz steigend. Etwa 90 Prozent dieser Todesfälle werden durch Metastasen verursacht. Besonders viele Metastasen entstehen und wachsen in der Leber. Eine wichtige Rolle innerhalb dieser Tumor-Mikroumgebung spielen Bindegewebszellen, die Krebs-assoziierten Fibroblasten (cancer associated fibroblasts, CAF).
Fördern oder hemmen diese Zellen die Metastasenbildung? Das hat ein Forschungsteam um Dr. Ingmar Mederacke, Oberarzt an der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), gemeinsam mit Wissenschaftlern der US-amerikanischen Columbia Universität untersucht. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift The Journal of Clinical Investigation veröffentlicht.
Die Wissenschaftler konnten zunächst zeigen, dass die CAF-Zellen in den Lebermetastasen der verschiedenen Tumorarten zum Großteil aus hepatischen Sternzellen entstammen, einer für die Vernarbung der Leber bei Leberzirrhose wichtigen Zellsorte. Darüber hinaus hängt die Anzahl der Fibroblasten in den jeweiligen Metastasen vom Primärtumor ab. „Bei Haut- und Brustkrebs entstehen in den von uns verwendeten Modellen eher wenige CAF-Zellen in den Lebermetastasen, bei Darm-, Bauchspeicheldrüsen- und Gallengangtumoren dagegen viele“, sagt Mederacke.
Die Wissenschaftler haben unterschiedliche Metastasenarten in Zellkultur und im Mausmodell untersucht. Dabei stellten sie fest, dass die Sternzellen eine Doppelfunktion haben und sowohl das Tumorwachstum hemmen, als auch fördern können. Sie konnten zeigen, dass die CAFs Botenstoffe absondern, welche die Metastasen wachsen lassen.
Doch es gibt auch einen Gegenspieler. Bei Krebsarten, die viele CAF-Zellen produzieren, sind die Sekundärtumoren von kollagenhaltigem Bindegewebe regelrecht umhüllt. Das faserbildende Kollagen sorgt dafür, dass die Hülle vernarbt, Fibrose-Gewebe entsteht und das Wachstum der Metastasen eingeschränkt wird.
„Das Kollagen hält die Tumorentwicklung offenbar mechanisch in Schach“, sagt der Gastroenterologe. „Diese beiden Mechanismen erklären die beiden gegensätzlichen Einflüsse der Bindegewebszellen bei der Krebsentwicklung.“
Diese Erkenntnis lässt sich therapeutisch nutzen: Reduzierte das Forschungsteam die Anzahl der hepatischen Sternzellen oder ihrer CAF-Nachfolgezellen in der Tumor-Mikroumgebung, nicht aber das Kollagen, verringerte sich das Wachstum der Metastasen. Dieser Effekt funktioniert allerdings nur bei Metastasen von Tumorarten, bei denen sich viele Krebs-assoziierte Fibroblasten bilden. Da die Mehrzahl der Sekundärtumoren nicht chirurgisch entfernt werden kann, stellen die CAF-Zellen in solchen Fällen ein mögliches therapeutisches Ziel in der Krebsbehandlung dar.
Ein wesentlicher Vorteil ist dabei ihre genetische Stabilität – anders als die sich stets verändernden Krebszellen, die dadurch immer wieder Resistenzen etwa gegen Chemotherapeutika ausbilden können, bleiben die Mechanismen bei den CAFs gleich. „Indem wir die tumorfördernden Botenstoffe ausschalten und gleichzeitig die Kollagenproduktion der CAF-Zellen in der Mikroumgebung aufrechterhalten, können wir den Schalter quasi auf Tumorhemmung umlegen und eröffnen so eine neue Behandlungsoption für Krebsmetastasen in der Leber“, sagt Mederacke.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressmitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Mad Luthfi, unsplash