Immer häufiger entscheiden sich Ärzte und Patienten bewusst für einen Behandlungsverzicht, berichten niederländische Forscher. Das betrifft sowohl medizinische als auch pharmazeutische Maßnahmen. Ihr Ziel: mehr Lebensqualität.
Gerade am Lebensende erhalten viele Patienten die maximal mögliche Versorgung – in pharmakologischer und in medizinischer Hinsicht. Niederländische Ärzte gehen seit längerer Zeit einen eigenen Weg. Sie verzichten speziell bei älteren, unheilbar kranken Patienten häufig auf Therapien, die sie jüngeren Menschen durchaus zuteil werden lassen. Das haben Versorgungsforscher jetzt herausgefunden.
Sandra Martins Pereira, Amsterdam, hat das niederländische Todesregister ausgewertet, um Details in Erfahrung zu bringen. Zusammen mit Kollegen analysierte sie alle Todesfälle, die zwischen August und November 2010 aufgetreten waren. Sie bat Ärzte, Details über Patienten zu kommunizieren. Zurück kamen 6.600 Fragebögen. Inhaltlich ging es um medizinische Entscheidungen am Lebensende. Forscher teilten für ihre weitere Arbeit alle Daten in drei Patientengruppen ein, orientiert am Alter: 17 bis 64 Jahre, 65 bis 79 Jahre und mehr als 80 Jahre.
Insgesamt sahen Ärzte in 37 Prozent aller Fälle von weiteren Maßnahmen ab. Besonders häufig stellten sie die Gabe von Flüssigkeit und künstlicher Ernährung ein, gefolgt von der Medikation. Sandra Martins Pereira zufolge betraf der bewusste Verzicht vor allem Menschen über 80 (42 Prozent aller Datensätze). Bei den 65- bis 79-Jährigen waren es 36 Prozent, und bei den 17- bis 64-Jährigen 25 Prozent.
Die Forscher schreiben als Erklärung, es gehe hier nicht um „Altersdiskriminierung“, sondern um mehr Lebensqualität. Patienten profitieren nicht immer von der maximal möglichen Therapie. Ärzte würden dies zunehmend respektieren. Auch in Deutschland diskutieren Health Professionals, im Zuge der Palliativpflege Therapien auf ein sinnvolles Maß zu minimieren – nach der Diskussion mit Patienten beziehungsweise mit deren Angehörigen.