Der PCR-Test gilt als Goldstandard beim Nachweis einer Corona-Infektion. Neuste CRISPR-basierte Methoden können das genauso gut – nur sehr viel schneller. Davon könnten Praxisärzte profitieren.
Nukleinsäurebasierte Tests sind der Goldstandard für den empfindlichen Nachweis vieler Krankheiten, einschließlich pathogener Infektionen. Vor allem seit Beginn der COVID-19-Pandemie hat sich dabei der PCR-Test weitgehend durchgesetzt. In einem Artikel des Science Magazine wurden nun auch CRISPR-basierte Methoden zusammengefasst, die den Nachweis des Virus simpler und zugänglicher gestalten sollen.
Die Komplexität der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) schränkt ihre Anwendung deutlich ein. Inzwischen wird die Notwendigkeit der Entwicklung und des Einsatzes von Nukleinsäuretests unterstrichen, die wirtschaftlich sind, sich leicht skalieren lassen und in ressourcenarmen Umgebungen durchgeführt werden können, ohne Abstriche bei der Geschwindigkeit, Sensitivität oder Spezifität machen zu müssen. CRISPR-basierte Diagnosewerkzeuge (CRISPR-dx) sollen dafür nun eine Lösung bieten. Mehrere CRISPR-dx-Produkte für den Nachweis des SARS-CoV-2-RNA-Genoms wurden von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) bereits zugelassen.
Als CRISPR/Cas-System bezeichnet man eine gentechnische Methode, mit der gezielt die DNA- oder RNA-Sequenz im Genom eines Zielorganismus modifiziert werden kann. Das System erzeugt spezifische Doppelstrangbrüche in der Ziel-Nukleinsäure. Dabei durchtrennt die Nuklease die beiden komplementären Stränge. Diese Verletzung der Nukleinsäure wird dann durch Reparaturmechanismen behoben und es können während der Reparatur gewollte Modifikationen induziert werden.
Es gibt mehrere Arten von CRISPR-Systemen. Der Großteil der CRISPR-Diagnostik umfasst Multiproteinkomplexe, die sowohl auf DNA als auch auf RNA abzielen können. Die durch die „genetische Schere“ herausgeschnittenen Nukleinsäuren können dann anhand Farbreagenz, Fluoreszenz oder elektronischer Detektion ermittelt und analysiert werden. Dieses Prinzip machen sich Forschungsgruppen auch beim Nachweis von SARS-CoV-2 zu Nutze.
Von der FDA zugelassene CRISPR-dx-Tests sind derzeit nur für den Einsatz in Zentrallaboren geeignet, da die gängigsten Protokolle eine akribische Einhaltung von Inkubationen erfordern, was ihren unmittelbaren Einsatz vor Ort ausschließt. Um diese Einschränkung zu überwinden, wurden Single-Step-Strategien entwickelt. Diese „All inclusive“-Versionen des CRISPR-dx sind einfach auszuführen, arbeiten bei einer einzigen Temperatureinstellung und kommen ohne komplexe Geräte aus. Das Ergebnis wird durch Fluoreszenz- oder Lateral-Flow-Anzeigen erzeugt.
Das CRISPR-dx-Feld hat sich rasant entwickelt und ist von einer Reihe spezieller molekularbiologischer Entdeckungen zu mehreren bereits zugelassenen COVID-19-Tests angewachsen. Die gezielte Steuerbarkeit von CRISPR macht die Entwicklung neuer diagnostischer Tests einfacher und innerhalb weniger Monate nach der Veröffentlichung des SARS-CoV-2-Genoms wurden viele COVID-19-spezifische CRISPR-Tests gemeldet und weltweit vertrieben.
Trotz des enormen Potenzials von CRISPR-dx gibt es jedoch erhebliche Herausforderungen bei der Anpassung dieser Technologien für Point-of-Care- und At-Home-Einstellungen. Das große Ziel: Ein universeller Nachweis pathogener Veränderungen in nur einer einzigen Reaktion, die innerhalb weniger Minuten bei Raumtemperatur und ohne komplexe oder teure Geräte abläuft. Davon könnten auch Ärzte in kleinen Praxen profitieren. Denn so ließe sich eine Infektion mit ähnlich hoher Spezifität und Sensitivität nachweisen wie mit der PCR-Methode – nur eben sehr viel schneller. CRISPR-Methoden könnten also die Geschwindigkeit eines Antigen-Schnelltests mit der Genauigkeit eines PCR-Tests vereinen.
Allerdings ist noch viel zu erforschen, bevor CRISPR-dx-Assays in den kommenden Jahren in der Klinik, Arztpraxis oder zu Hause zum Standard werden könnten. Potential hat die Technologie allemal.
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