Eine Untersuchung hat ergeben, dass junge Seeadler länger im elterlichen Revier bleiben als angenommen. Biologen fordern deswegen längere Schutzzeiten für Greifvögel und ihre Nachkommen.
Seeadler reagieren sensibel auf Störungen durch den Menschen, weshalb in unmittelbarer Umgebung der Horste forst- und landwirtschaftliche Nutzungen beschränkt sind. Diese saisonalen Schutzzeiträume sind in Brandenburg (bis 31. August) und in Mecklenburg-Vorpommern (bis 31. Juli) jedoch zu kurz, wie eine neue wissenschaftliche Untersuchung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung zeigt.
Mittels detaillierten Bewegungsdaten von 24 juvenilen Seeadlern konnten Forschende die Bewegungen der Tiere in der wichtigen Lebensspanne zwischen dem ersten Ausflug und dem Verlassen der Territorien der Eltern genau erfassen und analysieren. „Die jungen Seeadler verlassen im Durchschnitt im Alter von 72 Tagen zum ersten Mal das Nest für ihren Jungfernflug und im Durchschnitt weitere 93 Tage später das elterliche Revier“, fasst Dr. Oliver Krone zusammen.
In dieser Zeit sind die jungen Vögel sehr aktiv und unternehmen häufige Exkursionen vom Horst, die in Länge und Distanz stark variieren. Die Aktivität in dieser Phase variiert jedoch von Vogel zu Vogel sehr stark und beeinflusst den Zeitpunkt des Abschieds vom elterlichen Revier. „Je häufiger ein junger Seeadler solche Erkundungsflüge macht, desto später verlässt er im Durchschnitt das Revier vollständig“, erklärt Biologe Marc Engler. Gleiches gilt auch für die Qualität dieses Revieres: Verfügt es über mindestens ein Gewässer, welches sich zur Jagd eignet, bleiben die Jungvögel länger bei den Eltern.
Beide Zusammenhänge deuten stark darauf hin, dass juvenile Seeadler möglichst lange im elterlichen Revier verweilen, insofern die Bedingungen dafür stimmen. „Kommt es zu mehr Störungen an einem Horst, können sich die jungen Adler nicht so häufig auf Erkundungsflüge begeben und scheinen gezwungen zu werden, früher abzuwandern“, schließen die Experten.
„Eine Verlängerung der Horstschutzzeiträume von um mindestens einen Monat ist daher ratsam, um Störung und frühzeitiges Abwandern von Jungvögeln im Horstbereich und damit mögliche negative Auswirkungen auf deren Überleben zu verhindern. Dies gilt insbesondere für das Land Mecklenburg-Vorpommern, wo ab Anfang August Waldarbeiten und auch Jagd um die Horste wieder aufgenommen werden kann, wenn noch fast zwei Drittel der jungen Seeadler ihren Lebensmittelpunkt im elterlichen Horst haben“, so die Experten.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung im Forschungsverbund Berlin. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Marc Engler/Leibniz-IZW