Kölner Forschende haben Nervenzellen in der Schaltzentrale des Vagusnervs untersucht, die im Magen-Darm-Trakt erkennen, was wir essen. Die Entdeckung könnte ein wichtiger Baustein für zukünftige Therapien gegen Diabetes sein.
Magen-Darm-Trakt und Gehirn stehen im ständigen Austausch, um während der Nahrungsaufnahme unter anderem das Sättigungsgefühl und den Blutzuckerspiegel anzupassen. Ein wichtiger Vermittler zwischen diesen beiden Organen ist der Vagusnerv. In seiner Schaltzentrale, dem Nodose Ganglion, sitzen die verschiedenen Nervenzellen.
Eine Forschungsgruppe hat sich die Aufgabenteilung der Nervenzellen im Nodose Ganglion genauer angeschaut und dabei Überraschendes entdeckt: Die Nervenzellen steuern unterschiedliche Regionen im Körper an und erfüllen gegensätzliche Funktionen bei der Steuerung unseres Sättigungsgefühls und des Blutzuckerspiegels.
„Um die Aufgabenteilung der Nervenzellen im Nodose Ganglion zu untersuchen, haben wir die verschiedenen Typen von Nervenzellen durch ein genetisches Verfahren in Mäusen sichtbar gemacht. Das ermöglicht uns, genau zu sehen, welcher Typ Nervenzelle welches Organ ansteuert und gibt uns einen Eindruck davon, welche Signale wahrgenommen werden“, sagt Studienleiter Dr. Henning Fenselau. „Außerdem können wir damit die unterschiedlichen Typen von Nervenzellen gezielt ein- und ausschalten, um ihre genaue Funktion während der Nahrungsaufnahme herauszufinden.“
Bei ihren Untersuchungen fokussierten sich die Forschenden vor allem auf zwei wichtige Typen von Nervenzellen im Nodose Ganglion. „Einer dieser Zelltypen erkennt die Ausdehnung des Magens. Werden diese Nervenzellen aktiviert, essen die Mäuse deutlich weniger“, erklärt Fenselau. „Diese Nervenzellen leiten Appetit-hemmende Signale an das Gehirn weiter und verringern darüber hinaus unseren Blutzuckerspiegel.“
Die zweite Gruppe von Nervenzellen steuert vor allem den Darm an. „Diese Gruppe von Nervenzellen nimmt chemische Signale aus unserer Nahrung wahr, hat aber keinen Einfluss auf unsere Nahrungsaufnahme. Stattdessen erhöht die Aktivierung dieser Zellen unseren Blutzuckerspiegel“, so Fenselau.
„Die Reaktion unseres Gehirns auf die aufgenommene Nahrung ist vermutlich ein Zusammenspiel dieser beiden Nervenzelltypen“, erklärt Fenselau. „Die Aufnahme von Nahrung mit viel Volumen dehnt unseren Magen, aktiviert die dort liegenden Nervenzelltypen. Diese stoppen ab einem gewissen Punkt die weitere Nahrungsaufnahme und passen gleichzeitig den Blutzuckerspiegel entsprechend an. Nahrung mit hoher Nährstoffdichte führt eher zu einer Aktivierung der Nervenzellen im Darm. Diese erhöhen den Blutzuckerspiegel weiter aktiv, indem körpereigene Glukose ausgeschüttet wird, stoppen aber nicht die weitere Nahrungsaufnahme.“
Die Entdeckung der unterschiedlichen Funktionen dieser beiden Nervenzelltypen könnte eine entscheidende Rolle bei neuen Therapien gegen Übergewicht und Diabetes spielen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung. Zur Originalpublikation gelangt ihr hier.
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