Für die Flüssigbiopsie-Analyse von Tumoren im Kindesalter wurde eine neue Methode entwickelt. Wie sie funktioniert, lest ihr hier.
Ein Forscherteam hat eine neue Methode zur Flüssigbiopsie-Analyse von Tumoren im Kindesalter entwickelt. Diese Methode nutzt die Fragmentierungsmuster der kleinen DNA-Stücke, die Tumoren in den Blutstrom abgeben. Am Beispiel des Ewing-Sarkoms demonstriert das Team rund um Dr. Eleni Tomazou, St. Anna Kinderkrebsforschung, den Nutzen der Methode für die Tumorklassifizierung und -überwachung. Denn mittels dieser Flüssigbiopsien wäre eine engmaschige Überwachung der Krebstherapie ohne hoch-invasive Tumorbiopsien möglich.
Krebszellen in Tumoren teilen sich unentwegt und einige sterben dabei ab. Diese absterbenden Zellen geben ihre DNA häufig in die Blutbahn ab, wo sie zirkuliert und mit genomischen Methoden wie der Hochdurchsatz-DNA-Sequenzierung analysiert werden kann. Solche Flüssigbiopsie-Analysen stellen eine minimalinvasive Alternative zu herkömmlichen Tumorbiopsien dar, die oft eine Operation erfordern, und sind vielversprechend um die Behandlung zu personalisieren. Zum Beispiel können Patientinnen und Patienten laufend auf molekulare Veränderungen im Tumor untersucht werden.
Bisher wurde der Einsatz der Flüssigbiopsie bei Krebs im Kindesalter allerdings dadurch begrenzt, dass viele kindliche Tumoren nur wenige genetische Veränderungen aufweisen, die in der DNA im Blut nachweisbar wären.
Zellfreie DNA aus absterbenden Tumorzellen zirkuliert im Blut in Form von kleinen Fragmenten. Deren Größe ist weder zufällig, noch allein durch die DNA-Sequenz bestimmt. Vielmehr spiegelt sie wider, wie die DNA im Inneren der Krebszellen verpackt ist. Und sie wird von der Struktur des Chromatins und den epigenetischen Profilen dieser Zellen beeinflusst. Das ist hochrelevant, da die epigenetischen Muster – manchmal als zweiter Code des Genoms bezeichnet – für verschiedene Zelltypen im menschlichen Körper charakteristisch unterschiedlich sind.
Epigenetische Mechanismen führen zu einer Änderung der Genfunktion, die nicht auf Veränderungen der DNA-Sequenz beruhen, aber dennoch an Tochterzellen weitergegeben werden. Die Analyse der im Blut zirkulierenden DNA-Fragmentierungsmuster bietet eine einzigartige Möglichkeit, etwas über die epigenetische Regulation im Inneren des Tumors zu erfahren, ohne Tumorzellen chirurgisch entfernen zu müssen oder überhaupt zu wissen, ob und wo im Körper ein Tumor existiert.
„Bereits in einer früheren Arbeit haben wir die einzigartigen epigenetischen Fußabdrücke des Ewing-Sarkoms identifiziert. Daraus folgerten wir, dass diese charakteristischen epigenetischen Fußabdrücke in den Fragmentierungsmustern der vom Tumor stammenden und im Blut zirkulierenden DNA erhalten sein sollten. Damit hätten wir einen dringend benötigten Marker für die Frühdiagnose und die Tumorklassifizierung nach dem Konzept der Flüssigbiopsie“, erklärt Tomazou, Principal Investigator der Epigenom-basierten Präzisionsmedizin-Gruppe an der St. Anna Kinderkrebsforschung.
Die neue Studie vergleicht verschiedene Messsysteme zur Analyse der zellfreien DNA-Fragmentierung. Sie setzt zudem den LIQUORICE-Algorithmus ein, der zirkulierende Tumor-DNA auf der Basis von krebsspezifischen Chromatin-Signaturen erkennt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verwenden Machine-Learning-Klassifikatoren, um zwischen Patientinnen und Patienten mit Krebs und gesunden Personen sowie zwischen verschiedenen Arten von kindlichen Sarkomen zu unterscheiden. „Indem wir diese Algorithmen maschinellen Lernens mit unseren umfangreichen Whole-Genome-Sequencing-Daten über Tumor-DNA im Blut füttern, wird die Analyse hochsensitiv. Sie übertrifft in vielen Fällen herkömmliche genetische Analysen“, sagt Tomazou.
Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge könnte ihr Ansatz zur minimal-invasiven Diagnose, aber auch als prognostischer Marker eingesetzt werden, der überwacht, welche Patientin bzw. welcher Patient auf eine Therapie anspricht. Darüber hinaus könnte er als Vorhersage-Marker während der neoadjuvanten Therapie dienen und eine Dosisanpassung je nach Ansprechen auf die Behandlung ermöglichen. „Denn derzeit erhalten die meisten Kinder bzw. Jugendlichen mit Ewing-Sarkomen eine sehr hoch dosierte Chemotherapie, obwohl einige Patientinnen und Patienten bereits mit einer weniger starken Therapie geheilt werden könnten.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Ludwig Boltzmann Gesellschaft. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Pawel Czerwinski, Unsplash