Mittels eines neuen Verfahrens lässt sich der Rhesusfaktor eines ungeborenen Kindes bestimmen. Der zugehörige Test wird ab 1. Juli 2021 auch in Deutschland zur Kassenleistung.
Wenn sich das Blut von Mutter und Ungeborenem in Bezug auf den Rhesusfaktor unterscheidet, kann es gefährlich werden. Ist die Schwangere Rhesus-negativ, ihr Kind aber Rhesus-positiv, kann es bei Blutkontakt zu einer Unverträglichkeitsreaktion kommen. Blutarmut oder eine schwere Neugeborenengelbsucht beim Kind können die Folgen sein. Da bisher der Rhesusfaktor des Ungeborenen nicht ohne Weiteres bestimmt werden konnte, bekamen alle Rhesus-negativen Mütter ein Anti-D-Immunglobulin gespritzt, um die abstoßende Reaktion gegen das kindliche Blut zu vermeiden. Dieses Medikament wird aus Blutplasma gewonnen.
Ein neues Verfahren ermöglicht es jetzt, die kindlichen Blutgruppenmerkmale aus mütterlichem Blut festzustellen. Somit müssen nur noch diejenigen Rhesus-negativen Mütter behandelt werden, deren Kind das Rh+ Merkmal aufweist, denn nur dann besteht die Gefahr der Unverträglichkeit. Das Untersuchungsverfahren soll ab Juli standardmäßig Rhesus-negativen Schwangeren angeboten werden. Die Experten der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) sehen darin einen großen Fortschritt: Der Einsatz von Anti-D-Immunglobulin kann damit zielgerichtet und nach Bedarf bei den Schwangeren erfolgen, für die ein erwiesenes Risiko besteht und der Verbrauch des wertvollen Blutprodukts kann so insgesamt reduziert werden.
Ob das Ungeborene Rhesus-positiv oder -negativ ist, kann über ein neues Verfahren herausgefunden werden, das sich in anderen europäischen Ländern bereits seit Jahren im Einsatz befindet und ab dem 1. Juli 2021 auch in Deutschland Kassenleistung wird. Mit einem umfangreich validierten, nicht-invasiven Pränataltest untersuchen Speziallabore die DNA des Kindes im mütterlichen Blut. „Das ist eine echte diagnostische Innovation. Wir können nun ohne einen invasiven, risikoreichen Eingriff genau ermitteln, welche Schwangere eine Behandlung braucht und welche nicht“, sagt Prof. Hubert Schrezenmeier, Vorsitzender der DGTI und ärztlicher Direktor des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik (IKT) sowie des Instituts für Transfusionsmedizin des Universitätsklinikums Ulm.
Bei dem nicht-invasiven Verfahren untersuchen TransfusionsmedizinerInnen Bruchstücke der Chromosomen kindlicher Zellen, welche im mütterlichen Blut zirkulieren. Für die dafür notwendige Untersuchung bedarf es lediglich einer Blutprobe der Schwangeren. „Wenn wir den Bluttest durchgeführt haben, wissen wir, ob das Kind Rhesus-positiv oder -negativ ist. Nur Schwangere mit einem Rhesus-positiven Kind benötigen als sogenannte Rhesusprophylaxe Anti-D-Immunglobulin“, so Prof. Tobias Legler, Transfusionsmediziner an der Universitätsmedizin Göttingen, der die Untersuchung fetaler Blutgruppenmerkmale im Blut der Mutter seit Jahren beforscht. „Die neue Methode ermöglicht es uns, Plasmaprodukte sparsamer einzusetzen. Dieses neue Verfahren leistet einen wesentlichen Beitrag zum zielgerichteten Einsatz von Blutkomponenten“, so Schrezenmeier.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie, die der Redaktion vorliegt.
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