Im Kampf gegen Influenza-Viren kam ein Impfstoff aus Pflanzen bereits zum Einsatz. Klappt das auch bei Corona-Viren? Durchaus, wie jetzt kanadische Forscher zeigen.
Durch die SARS-CoV-2-Pandemie wurde die Impfstoffentwicklung in kürzester Zeit enorm angekurbelt. Dabei basieren die zahlreichen Projekte auf unterschiedlichsten Technologiekonzepten. Das kanadische Biopharma-Unternehmen Medicago nutzt dafür eine pflanzenbasierte Produktionsplattform zur Herstellung von Impfstoffen und hebt sich somit von vielen anderen Unternehmen ab. Eine im Nature Medicine veröffentliche Publikation, zeigt die Ergebnisse der ersten klinischen Phase-I-Studie.
Der hergestellte Impfstoff CoVLP basiert auf dem Antigen, bei dem es sich um einen SARS-CoV-2-spezifischen virusähnlichen Partikel (VLP) handelt. VLP imitieren dabei die Form und Größe eines Virus, sodass der menschliche Körper über eine Immunreaktion reagiert. Das Volllängen-Spike-Protein enthält dabei fünf spezifische Aminosäurensubstitutionen, um das Protein in der Präfusionskonformation zu stabilisieren. Als Expressionssystem wurde eine transiente Transfektion von Nicotiana benthamiana mithilfe eines modifizierten Vektors des Agrobacterium tumefaciens verwendet. Dadurch kann das künstlich hergestellte Plasmid im Zellkern der Pflanzenzelle überdauern, ohne dass es sich in das Wirtsgenom einschleust. Dieses System wurde bereits für die Herstellung eines Impfstoffs gegen saisonale Influenzaviren eingesetzt.
In einer ersten klinischen Phase-I-Studie wurde der Impfstoff an 180 gesunde, seronegative Probanden im Alter von 18 bis 55 Jahren verabreicht. Dabei wurde entweder der alleinige Impfstoff verwendet oder mit Adjuvanzien wie AS03 oder CpG1018. Je 20 Probanden erhielten dabei unterschiedliche Antigenkonzentrationen (3,75 µg, 7,5 µg und 15 µg) und Formulierungen (unadjuvantiertes CoVLP, CoVLP mit AS03 und CoVLP mit CpG1018). Der Impfstoff wurde dazu in zwei Dosen gegeben.
Zwar werden alle Probanden aufgrund von möglichen Nebenwirkungen 12 Monate nach Erhalt des Impfstoffs unter Beobachtung gehalten, jedoch wurde der Fokus der Veröffentlichung auf die Wirksamkeit und Verträglichkeit gesetzt. Das unadjuvantierte CoVLP zeigte dabei die geringste Wirksamkeit nach beiden Dosen, da die nachweisbare Antikörperreaktion und die humorale Reaktion schwach und uneinheitlich waren. Lediglich CoVLP mit CpG1018 induzierte bei höheren CoVLP-Dosen eine konsistent gute Immunantwort.
Zwar konnte bei beiden adjuvantierten Impfstoffen ein IgG-Titer nach Erhalt der Erst-Dosis nachgewiesen werden, jedoch wurden nur bei Einsatz von CoVLP-AS03-Formulierungen neutralisierende Antikörper nachgewiesen. Nach der zweiten Dosis war dies in beiden Impfstoffen mit Adjuvans der Fall. Im Mittel betrug der Anstieg an neutralisierenden Antikörpern zwischen den beiden Dosen um das acht- und 18-Fache bei Probanden, die CpG1018-adjuvantiertes CoVLP erhielten. Bei der AS03-adjuvierten Formulierung lag der Anstieg bei etwa dem 28- und 92-Fachem.
Die Verträglichkeit wurde durch eine 15-minütige Beobachtungszeit nach Erhalt der Dosis überprüft. Zusätzlich wurden die Probanden an Tag 1, 3 und 8 nach Immunisierung kontaktiert und abgefragt. Die Nebenwirkungen fielen überwiegend mild oder moderat aus. Bei den adjuvantierten Impfstoffen traten die Nebenwirkungen häufiger auf. Schmerzen an der Injektionstelle waren die häufigsten Beschwerden, gefolgt von Kopfschmerzen und Müdigkeit. Nach Erhalt der zweiten Dosis traten die unerwünschten Effekte seltener auf.
Der Vorteil des aus Nicotiana benthamiana isolierten Impfstoffs ist die Lagerung. Diese ist bei 2 bis 8 °C möglich, was verglichen mit den mRNA-basierten Impfstoffen deutlich praktischer ist. Dr. Bruce D. Clark, Präsident und CEO von Medicago, äußerte sich zuversichtlich zu den Ergebnissen: „Wir freuen uns, dass die innovative Fertigungtechnologie von Medicago dazu beiträgt, die Klassen der in Entwicklung befindlichen COVID-19-Impfstoffkandidaten zu diversifizieren.“ Zusätzlich versprach er eine Lieferung von 76 Millionen Dosen an die kanadische Regierung und am „weltweiten Kampf gegen COVID-19“ teilzunehmen. Zur Erfüllung dieser Zusicherungen müssen allerdings erstmal weitere klinische Studien der Phase II und III folgen, um eine Zulassung zu ermöglichen und um einzuschätzen, ob sich CoVLP auf dem Markt behaupten kann.
Bildquelle: Liubov Ilchuk, unsplash