Die Ebola-Krise in Westafrika zeigte die Probleme der westlichen Welt, rasch auf Epidemien und Gesundheitskrisen zu reagieren. Gesundheitsexperten plädieren für ein neues globales Finanzierungsmodell, um die Entwicklung neuer Medikamente zu beschleunigen.
Marktgetriebene Forschung und Entwicklung haben bei der Suche nach Maßnahmen gegen die großen globalen Gesundheitsherausforderungen weitgehend versagt. Das stellen zumindest renommierte Gesundheitsexperten aus Universitäten, Industrie und NGOs in einem aktuellen Essay fest. Deshalb brauche es ein neues Finanzierungsmodell zur Entwicklung innovativer Medikamente und Gesundheitslösungen.
Nicht nur würden Erreger zunehmend resistent gegenüber herkömmlichen Wirkstoffen. Es fehle an innovativen Entwicklungen zur Bekämpfung vernachlässigter oder neu auftretender Infektionskrankheiten der Armut. Epidemien, wie der Ebola-Ausbruch in Westafrika, könnten sich so plötzlich zu einer globalen Bedrohung ausbreiten. Krankheiten der Armut und sporadisch ausbrechende Epidemien seien für den privaten Sektor wenig interessant. Sie versprächen wenig Profit und seien schwierig planbar. Entsprechend gäbe es ein Innovationsdefizit. Genau deshalb müssten hier neue Formen der globalen Finanzierung und Koordination gefunden werden, fordert insbesondere Marcel Tanner, Direktor des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) und Mitautor des Essays. „Wir brauchen eine engere Zusammenarbeit zwischen verschiedensten Akteuren aus dem privaten wie dem öffentlichen Sektor, um wirksame Medikamente und Therapien zu entwickeln“, sagt Tanner.
Die Autoren fordern einen globalen und multi-lateralen Finanzierungsfonds. Er solle die Entwicklung neuer Therapien gegen Infektionskrankheiten der Armut beschleunigen. Damit könne das Problem der Resistenz-Entwicklung gemindert, sowie Therapien gegen neue oder wieder ausbrechende Krankheiten wie Ebola entwickelt werden. Der vorgeschlagene Fonds über 10 Milliarden Dollar solle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angegliedert und von den Regierungen finanziell unterstützt und überwacht werden. Er könne zudem die bestehenden Lücken in der Medikamenten-Pipeline orten, um dann Forschungsprojekte zur Entwicklung neuer Wirkstoffe zu initiieren und zu koordinieren. Dabei arbeiten Partner aus der Industrie, der Wissenschaft, gemeinnützigen Organisationen und Regierungen verschiedenster Länder zusammen.
Während große, internationale, multilaterale Fonds zur globalen Gesundheitsversorgung bereits bestehen, gibt es wenig Finanzierungsmechanismen zur Erforschung und Entwicklung von Medikamenten gegen vernachlässigte und neu auftretende Infektionskrankheiten. Der Fonds könne sich an erfolgreichen Initiativen wie der ‚Drugs for Neglected Disease Initiative (DNDi) oder Medicines for Malaria Venture (MMV) orientieren. Das Swiss TPH arbeite beispielsweise seit Jahren im Rahmen solcher Initiativen mit Partnern aus der Industrie und philanthropischen Organisationen zusammen. Gegenwärtig seien in Zusammenarbeit mit Medicines for Malaria Venture (MMV) sechs neue Wirkstoffe gegen Malaria aus den Labors des Swiss TPH in der fortgeschrittenen klinischen Prüfung.
Der neue Fonds solle aber nicht nur die Erforschung neuer Wirkstoffe beschleunigen. Er versuche auch, einkommensschwachen Ländern den Zugang zu den wichtigen Medikamenten und Impfstoffen zu erleichtern. Eine der diskutierten Maßnahmen bestehe darin, die Entwicklungs- und Produktionskosten eines Medikaments vom Marktpreis zu entkoppeln. „Die Entkoppelung der Kosten vom Marktpreis ist ein Schlüsselansatz. Damit kann der Zugang zu Therapien für arme, vernachlässigte Bevölkerungsgruppen erhöht und wirksame und verteilungsgerechte Gesundheitsinterventionen ermöglicht werden.“ Originalpublikation: A Global Biomedical R&D Fund and Mechanism for Innovations of Public Health Importance Marcel Tanner et al.; PLoS Med, doi: 10.1371/journal.pmed.1001831; 2015