Ist das Reservieren von Biontech-Impfdosen für Kinder und Jugendliche ein sinnvoller Vorstoß des Bundesgesundheitsministers? Darüber lässt sich gut streiten.
Kürzlich verkündete der Bundesgesundheitsminister seinen Plan für die Impfung von Kindern und Jugendlichen. Und der lautet: Biontech-Dosen reservieren, wie zahlreichen Berichten zu entnehmen ist.
„Ein Weg zu regulärem Unterricht nach den Sommerferien ist das Impfen der Jugendlichen“, wie Spahn medial verkündet.
Ob es sich hier um ein Wahl-Bonbon oder um eine sinnvolle Initiative handelt, darüber darf gestritten werden. „Endlich kapiert! SchülerInnen so schnell wie möglich impfen“, findet eine Lehrerin. Viele Experten kritisieren die Ansage allerdings scharf: „So bringt der Gesundheitsminister eigenhändig die Impfkampagne ins Stocken: In Hamburg wurden die Biontech-Lieferungen an Hausarztpraxen um 40(!) % reduziert (Quelle: Kassenärztliche Vereinigung). Grund: Die Ankündigung von Spahn, Impfstoff für Jugendliche zurückzuhalten“, sagt etwa Oberarzt der Ärztlichen Leitung des Rettungsdienst Berlin und Politiker (Bündnis 90/Die Grünen) Janosch Dahmen.
„Jugendliche impfen ist wichtig. Aber es ist nicht wichtiger als Nicht-Jugendliche impfen. Je schneller wir verimpfen, umso schneller fallen die Zahlen, umso weniger erkranken/sterben. Zurücklegen ist für mich völlig unverständlich“, erklärt Physiker und Daten-Wissenschaftler Cornelius Römer.
„Das Problem ist ja nicht die Zulassung der Impfstoffe, die wird kommen, vermutlich am Freitag, die EMA wird Comirnaty ab 12 J freigeben, das Problem ist auch erstmal nicht die STIKO-Empfehlung, die *erwartungsgemäß* erst einmal vorsichtig ausfallen wird und zunächst nur für RisikopatientInnen ausgesprochen wird, so war es für Erwachsene, und so ist es z. B. auch beim Influenzaimpfstoff für Kinder“, erklärt der bloggende Pädiater Kinderdok.
„Das Problem ist, dass wir ImpfärztInnen die Impfstoffe *nicht* unbegrenzt als Sprechstundenbedarf bestellen können oder über ein Privatrezept auf den Einzelpatient, sondern ausschließlich über das ‚Bundesamt für die Soziale Sicherung‘.“ Das bedeute, dass auch hier rein mengenmäßig eine Priorisierung erfolgt. „Und es wird sicher niemand abstreiten, dass auch junge PatientInnen mit Vorerkrankungen prioritär geschützt werden sollten“, so der Kinderdok.
Sein Appell: „So sehr wir uns aus Wunsch nach Herdenschutz, Besuch der Schule oder des Urlaubs die Impfung für Alle herbeisehnen: Allein aufgrund der Knappheit der Mittel muss der Gesundheitsschutz besonders Gefährdeter vor allem anderen stehen. Also verzeiht Eurer KinderärztIn, wenn sie Euer sonst gesundes Kind nicht als erstes impft, sondern auf die Zulassung der Impfstoffe und die Empfehlung der STIKO verweist.“
Was Spahn mit seinem Reservier-Plan ein Mal mehr beweist: Er schafft es immer wieder aufs Neue, die Gesellschaft zu spalten. Das machen emotionale Posts wie dieser hier nur allzu deutlich: „Nie war es undankbarer, ein junger, gesunder Erwachsener zu sein“, fasst ein User seine Situation zusammen.
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