COVID-Patienten, die nicht in die Klinik müssen, haben nur ein geringes Risiko für schwere postinfektiöse Komplikationen. Doch heißt das, dass sie beschwerdefrei sind? In einer dänischen Studie wurden jetzt Daten zu Hausarztbesuchen ausgewertet.
Wegen der weitgehend milden und teilweise asymptomatischen Verläufe und unterschiedlichen Risikokonstellationen müssen nicht alle SARS-CoV-2-positiv Getesteten ins Krankenhaus eingewiesen werden. Wie sich Krankheitsverlauf und mögliche Langzeitfolgen ohne ärztliche Beobachtung entwickeln, ist dabei oft nicht ersichtlich.
Während Beobachtungsstudien zu postakuten Komplikationen von schweren COVID-19-Erkrankungen über eine mäßige bis hohe Prävalenz von schweren Spätkomplikationen wie ischämischem Schlaganfall (1,6-2,5 %), venösen Thromboembolien (1,5-21 %) und eingeschränkter Lungenfunktion (11-22 %) berichten, gab es bisher keine Daten zu schweren Komplikationen einer milden SARS-CoV-2-Infektion ohne Hospitalisierung. Eine kürzlich in der Fachzeitschrift The Lancet Infectious Diseases veröffentlichte Studie ergab nun, dass nicht hospitalisierte COVID-19-Patienten ein geringes Risiko für schwere Langzeitfolgen haben.
Das Team um Dr. Lars Christian Lund führte eine bevölkerungsbasierte Kohortenstudie unter Verwendung der dänischen Verordnungs-, Patienten- und Krankenversicherungsregister durch. Insgesamt schließt die Studie 10.498 Personen ein, die zwischen dem 27. Februar und dem 31. Mai 2020 in Dänemark mittels RT-PCR positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden, von denen 8.983 noch lebten und 2 Wochen nach ihrem positiven Test nicht ins Krankenhaus eingeliefert worden waren. Eine angepasste SARS-CoV-2-negative Referenzpopulation aus 80.894 Personen, die nicht ins Krankenhaus eingeliefert wurde, diente als Vergleichsgruppe. Die Forschenden untersuchten das Neuauftreten von 27 Krankheitsdiagnosen und die Verschreibung von 14 Medikamentengruppen, die auf mögliche postinfektiöse Effekte hinweisen könnten.
Das Forschungsteam der University of Southern Denmark beobachtete bei den nicht hospitalisierten Studienteilnehmenden kein erhöhtes Risiko (absolute Risikodifferenz < 0,1 %) für den Gebrauch von 11 ausgewählten medikamentösen Therapien oder das Auftreten von 25 der ausgewählten Krankenhausdiagnosen, im Vergleich zu denen, die negativ getestet wurden. Leicht erhöhte Risiken wurden für die Einleitung bronchodilatierender Mittel (Risikodifferenz [RD] +0,3 %), insbesondere kurzwirksame β-2-Agonisten (RD +0,4 %), und Triptane (+0,1 %), sowie für neue Krankenhausdiagnosen von Dyspnoe (+0,6 %) und venösen Thromboembolien (+0,1 %) festgestellt.
Auch fiel den Forschenden auf, dass die COVID-positiven Personen ein höheres Risiko hatten, einen Hausarzt oder eine Ambulanz aufzusuchen, als negative Personen. Bei Besuchen in der Notaufnahme und stationären Krankenhauseinweisungen wurde jedoch kein Unterschied festgestellt, so die Studie. Obwohl sich das absolute Risiko für Langzeitkomplikationen und Krankenhausbesuche nach einer SARS-CoV-2-Infektion, die keine Krankenhauseinweisung erfordert, als gering abzeichnet, äußern die Forschenden, dass die erhöhte Rate an Hausarztbesuchen und ambulanten Krankenhausbesuchen auf COVID-19-Folgeschäden hinweisen könnten.
Die Studie sammelte Daten zu Medikamenten- und Krankheitsgeschichten von bis zu einem Jahr und Krankenhausaufenthalten von bis zu 180 Tagen vor der positiven SARS-CoV-2-Testung und veranlasste ein Follow-Up von 180 Tagen.
Die Prävalenz der persistierenden COVID-Symptome, vorrangig Dyspnoe, lag mit etwa 1 % (103 von 8.676 der positiv und 499 von 76.728 der negativ Getesteten) niedriger als Werte früherer Studien. Angesichts der inhärenten Natur dieser Art von Registrierungsstudie besteht die Möglichkeit, dass die tatsächliche Prävalenz stark unterschätzt wird, da es viele Gründe gibt, warum Patienten mit persistierenden Symptomen den Gesundheitsdienst nicht aufsuchen, wie z. B. dass die Symptome mild sind, dass sie keine Krankenversicherung oder keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben und, dass das Risiko einer Reinfektion besteht, wenn sie während der Pandemie eine Gesundheitseinrichtung besuchen. Daher sind, wie die Studie unterstreicht, die geringen Zahlen neuer Krankheitsdiagnosen bei milden, nicht hospitalisierten COVID-19-Verläufen nicht als Ausschluss von Folgeschäden zu werten.
Die meisten SARS-CoV-2-Infektionen werden auf absehbare Zeit asymptomatisch und mild verlaufen. Dennoch ist das Verständnis der langfristigen Folgen von COVID-19 entscheidend für den natürlichen Verlauf der Krankheit.
Zur dänischen Studie kommt ihr hier.
Bildquelle: Crawford Passy, unsplash